Sicherheitsarchitektur des Zolls kritisch beleuchtet

Zollkriminalität schlagkräftig und vernetzt bekämpfen

Inländische und grenzüberschreitende Kriminalitätsentwicklung und deren Einfluss auf den Vollzugsbereich der Zollverwaltung diskutierten über 100 Kolleginnen und Kollegen im Forum 3 der BDZ-Forumsveranstaltung mit dem ZKA-Direktionspräsidenten Dr. Tino Igelmann, der FKS-Direktionspräsidentin Constanze Voß und dem Vertreter der Direktion I Marco Müller.

09. November 2023
  • Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion, von links: Moderator Tim Lauterbach (BDZ Jugend), Florian Preißner (stellv. Bundesvorsitzender BDZ), Dr. Tino Igelmann (ZKA), Marco Müller (GZD), Niels Hennig (StFA Sicherheitsaufgaben BDZ). Per Teams zugeschaltet war Constanze Voß (GZD).
  • Intensive Diskussionen ergaben sich v.a. bei der Situation der Sachgebiete C, hier: Statement des Bezirksvorsitzenden des BV Baden, Wolfgang Kailer.

Mehr zur Forumsveranstaltung 2023: BDZ gestaltet Zukunft

Vor dem Hintergrund der neuesten Statistiken des Bundeslagebildes zur Organisierten Kriminalität (OK), nach dem der Zoll mit 122 von insg. 639 OK-Verfahren erneut Spitzenreiter aller Behörden und Bundesländer ist, stand die neue Strategie zur Bekämpfung von OK und Geldwäsche im Mittelpunkt, deren Umsetzung ab Anfang nächstes Jahr starten soll. Der BDZ hatte erstmals in einem Artikel am 05.05.2023 darüber berichtet. Die einzelnen Schritte sollen laufend innerhalb der nächsten zwei Jahre erfolgen. Damit verbunden ist ein OK-Bekämpfungszentrum im Zollkriminalamt (ZKA), zur Erstellung von Lagebildern für die ganze Zollverwaltung und zunehmend auch bezogen auf Clan-Kriminalität, sowie ebenfalls im ZKA ein Innovationszentrum, dass das Innovationsmanagement aus der Direktion II ergänzen wird. Dieses soll auch technische Einsatz- und Ermittlungsunterstützung für die Einheiten der Zollverwaltung leisten. Der BDZ begrüßt diesen Ansatz, der eine Verzahnung und Bündelung auf dem Gebiet der OK-Bekämpfung vorsieht. Wir werden jedoch ein genaues Auge darauf werfen, dass die Ankündigungen auch haushalterisch und materiell mit entsprechenden Mitteln hinterlegt werden.

Geplante OK-Ermittlungszentren dürfen nicht zu Zwangsversetzungen führen

Neue regionale OK-Ermittlungszentren werden sich an den Zollfahndungsämtern orientieren und eine Vernetzung von Fahndung und Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) in die Wege leiten. Das Vorgehen soll Schritt für Schritt erfolgen und die Beschäftigen mitnehmen – ein Punkt in dem sich alle Beteiligten einig waren. Denn auch im Sachgebiet E sind Änderungen im Rahmen der neuen gemeinsamen Strukturen geplant, die zunächst in den Modellregionen Frankfurt am Main, Berlin und Dortmund erprobt werden sollen. Kritisch diskutiert wurde die Frage, wie viele OK-Ermittlungszentren letztendlich errichtet werden. Die bisherigen OK-Ermittlungen werden bei den Hauptzollämtern für die FKS durch deren Arbeitsgebiete 3 geführt. Dies sind sehr erfolgreich arbeitende Einheiten. Wie es mit diesen innerhalb der neuen Pläne und Strukturen weitergehen soll, steht noch nicht fest.

Die Verwaltungsspitze sagte in der Forumsveranstaltung zu, dass im Zusammenhang mit den OK-Ermittlungszentren jedenfalls keine Zwangsversetzungen erfolgen werden. Eine Aussage, an der der BDZ die Verwaltung messen wird. Ebenfalls ist eine stetige und enge Einbindung der Personalvertretungen erforderlich, insbesondere sobald die bisher noch sehr abstrakten Pläne konkrete Form und sich damit auf den Alltag der Beschäftigten auswirken.

HZÄ benötigen bei Übernahme der Basisermittlungen mehr Personal

Intensiv diskutiert wurde die Frage, wie die Sachgebiete C angesichts von Amtshilfe für die Bundespolizei an der deutsch-polnischen und deutsch-tschechischen Grenze und der neuen Aufgabe der Liegenschaftsüberwachung für das BMF künftig noch "Basisermittlungen" übernehmen sollen. Die Vertreter des BDZ betonten, dass dieser Begriff dringend definiert werden muss. Momentan handelt es sich auch ein knappes halbes Jahr nach dem Erlass immer noch um einen unbestimmten Begriff. Dies sorgt verständlicherweise für große Verunsicherung, u.a. da nicht klar ist, wie die künftige Arbeitsteilung zwischen dem Zollfahndungsdienst und den Sachgebieten C, E und F aussehen soll. Beispielsweise kommt es häufig vor, dass gerade in Fällen mittlerer Kriminalität weiterführende Ermittlungstätigkeiten durchgeführt werden müssen, u.a. da die Staatsanwaltschaften dies aufgrund der Verfahrensumstände im Einzelnen verlangen. Es geht dabei nicht um einige hunderte, sondern um einige tausend Fälle, die im Raum stehen. Hier muss aus Sicht des BDZ von vornherein eine klarere Abgrenzung der Zuständigkeiten über den Fortgang der Ermittlungen erfolgen. Denn nicht immer sind in den jeweiligen Sachgebieten überhaupt die jeweiligen fachlichen, personellen und technischen Voraussetzungen so vorhanden.

In diesem Zusammenhang wurde auch Kritik an der Organisationsuntersuchung der SG C laut. Der BDZ fordert angesichts der neuesten Entwicklungen und Unklarheiten auch eine Aussetzung der Organisationsuntersuchung, die nach unserer Auffassung auf eine Verwaltung des Mangels hinausläuft. Zunächst müssen die Hauptzollämter infolge der Zusatzaufgabe „Basisermittlungen“ personell gestärkt werden und höherwertige Tätigkeiten sollten ebenfalls bei der Dienstpostenbewertung berücksichtigt werden.

KI nutzen und Führungs- und Einsatzmittel verbessern

Konsens bestand in dem Forum, dass risikobasierte IT-Verfahren weiterentwickelt und der Einsatz von KI für Analyse- und Ermittlungsarbeit forciert werden sollte. Klar ist, KI ist eine wichtige Unterstützung, aber ist kein Ersatz für das vorhandene Personal. Denn letztendlich reagieren wir mit KI auf eine immer erheblichere Digitalisierung der Kriminalität bzw. krimineller Vorgehensweisen. Dies stellt noch eine zusätzliche Herausforderung dar, die man sich in analogen Zeiten so noch gar nicht vorstellen konnte.

Der BDZ fordert darüber hinaus eine den Aufgaben angemessene Sachausstattung der Vollzugsbereiche mit den erforderlichen Führungs- und Einsatzmitteln. Ein Beispiel ist die Maschinenpistole MP 5. Der Einsatz der MP 5 ist bisher beschränkt. Er sollte auch in besonderen Einsatzlagen stets möglich sein. Hierfür müssen zum einen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, zum anderen müssten bestimmte Einheiten dauerhaft damit ausgestattet werden. Denn die Effekte von Sichtbarkeit und Außenwirkung der MP 5 sind nicht zu unterschätzen, gerade wenn es um die Sicherheit der Kolleginnen und Kollegen geht. Ein weiteres Beispiel sind neue dienstliche Smartphones mit unterstützenden Apps, z.B. zum Scan von Identitätsdokumenten vor Ort mit gleichzeitiger Datenbankabfrage. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen – so müsste beispielsweise auch das Zollhundewesen ausgebaut werden.

Als Gewerkschaft werden wir uns dafür einsetzen, dass die Defizite vor Ort, die den Kolleginnen und Kollegen bekannt sind, unabhängig von Strategiepapieren und Konzepten auch in den Führungsetagen und auf politischer Ebene wahrgenommen werden.

Abschließendes Fazit mit BDZ-Forderungen

Bei der Zusammenfassung der Forumsergebnisse richteten der stellvertretende Bundesvorsitzende Florian Preißner und der Vorsitzende des Ständigen Fachausschusses Sicherheitsaufgaben Niels Hennig folgende Forderungen an die Behördenvertreter, die sich aus den o.g. Problematiken als Schlussfolgerungen ergeben:

  • Aussetzung der Organisationsuntersuchung der SG C und keine erzwungenen Personalverschiebungen 
  • Personelle Stärkung der HZÄ bei Übernahme der „Basisermittlungen“ und klare Definition dieses Begriffs
  • Geordneter Übergang der „Basisermittlungen“ und gegenseitige Unterstützung bei Unklarheiten (z.B. durch gemeinsame Ermittlungsgruppen ZFÄ/HZÄ)
  • Ausbau risikobasierter IT-Verfahren und sinnvoller Einsatz von KI für Analyse- und Ermittlungsarbeit
  • Personalverträgliches Umsetzungskonzept zur OK-Bekämpfung und Einrichtung der Ermittlungszentren von ZFÄ und FKS unter enger Einbindung der Personalvertretungen
  • Angemessene Sachausstattung der Vollzugsbereiche mit den nötigen Führungs- und Einsatzmitteln (u.a. MP 5, unterstützende Apps für Smartphones)
  • Dringend erforderliche personelle Verstärkung ohne Nachteile trotz im nächsten Jahr drohender Sparmaßnahmen

Diese Punkte wird der BDZ gegenüber Politik und Verwaltung kritisch begleiten, beobachten und einfordern.

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