Amtsangemessene Alimentation

Treibt die Regierung Kuhhandel mit der Besoldungsreform?

Es ist nichts weniger als eine „skandalöse Verschleppung verfassungsrechtlicher Ansprüche vieler tausend Bundespolizisten, Zöllner und Bundeswehrangehöriger“, sagte der BDZ-Bundesvorsitzende Thomas Liebel zur WirtschaftsWoche. Denn seit der rechtswidrige Zustand der Beamtenbesoldung durch das Bundesverfassungsgericht vor fast vier Jahren festgestellt wurde, ist der Bundesgesetzgeber immer noch nicht tätig geworden.

25. März 2024

In Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2020 haben mittlerweile alle Bundesländer ihre Besoldungsgesetze angepasst, um einen verfassungskonformen Zustand wiederherzustellen, der den Grundsätzen der amtsangemessenen Alimentation entspricht. Nur der Bund macht mit seinem Gesetzentwurf, der bereits im Januar 2023 vorgelegt, aber seitdem nicht ins Kabinett oder das parlamentarische Verfahren eingebracht wurde, weiter keine Fortschritte. In der vergangenen Woche wurde zudem öffentlich, dass der Entwurf zurzeit regierungsintern nicht mit der gebotenen Priorität weiterverfolgt werde, was selbst in den Reihen der Ampel-Koalition für Verwunderung sorgte.

Zöllnerinnen und Zöllner sind keine Sozialleistungsempfänger

Unter Bezugnahme auf den BDZ berichtet aktuell die WirtschaftsWoche über den Vorgang und stellt insbesondere die Wahrung des Lohnabstandsgebots als entscheidenden Punkt in der Auslegung des Alimentationsprinzips heraus. Wie der dbb beamtenbund und tarifunion erläutert, definiert sich dies dadurch, dass der/die Beamte/-in über ein Nettoeinkommen verfügen muss, das Unabhängigkeit gewährleistet und „über die Grundbedürfnisse der Lebenshaltung hinaus im Hinblick auf den allgemeinen Lebensstandard (…) einen im Ergebnis amtsangemessenen Lebenskomfort ermöglicht.“

Dabei ist, ähnlich wie bei der Bemessung der Regelsätze für Sozialleistungen, die allgemeine wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung zu berücksichtigen. Die mit der Inflation begründete Anhebung des Bürgergelds um zwölf Prozent zum 01.01.2024 hatte zur Folge, dass der Abstand zwischen dem Nettoverdienst beispielsweise eines Zöllners im mittleren Dienst und einer Familie im Bezug von Bürgergeld weiter schrumpft und nur wenige hundert Euro beträgt. Dieses Problem wird dadurch verschärft, dass das Nettogehalt der Beamtinnen und Beamten nach dem bisherigen Konzept des Gesetzentwurfs zur Besoldungsreform ohnehin nur über verschiedene Zuschläge (z.B. Wohnort, Kinderzahl) die nötige Höhe erreicht, um die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene 15 Prozent Mindestabstand zum Sozialhilfeniveau einzuhalten. Wie der BDZ bereits in seiner Stellungnahme zum Bundesbesoldungs- und –versorgungsangemessenheitsgesetz (BBVAngG) schrieb, muss der Ansatz daher sein, die Grundbesoldung deutlich zu erhöhen und nicht zu versuchen, den Mindestabstand über diverse Rechentricks zu erreichen. Die Höhe der Sozialleistungen bzw. der Grundsicherung als Referenzgröße herzunehmen, ist und bleibt aus Sicht des BDZ inakzeptabel.

Inakzeptable politische Spielchen mit der Verfassung

Die amtsangemessene Alimentation scheint innerhalb der Bundesregierung schlicht kein Vorhaben zu sein, dem Priorität eingeräumt wird. Obwohl Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im hessischen Landtagswahlkampf noch versucht hat, mit der Beamtenbesoldung zu punkten, unternimmt das BMI als federführendes Bundesministerium wenig, um den Entwurf zur Kabinettsreife zu bringen. Bereits Ende letzten Jahres wurde im Kontext der Haushaltsnotlage zudem bekannt, dass Einsparungen von 150 Millionen Euro am Gesetzentwurf erfolgen sollten. Das Bundesfinanzministerium hegt offenbar weitere Bedenken zu den jährlichen Kosten, die bis zu 300 Millionen Euro betragen können. Wie die WirtschaftsWoche berichtet, soll allerdings Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck seine Zustimmung zum Gesetzentwurf nun mit anderen Themen verknüpfen wollen.

Folglich stellt sich nicht nur die Frage, wie lange der verfassungswidrige Zustand noch andauern soll. Es stellt sich auch die Frage, ob selbst die Einhaltung der Vorgaben der Verfassung, auch nach erfolgter höchstrichterlicher Rechtsprechung, inzwischen zum Spielball für politische Geschäfte geworden ist. Dies würde, wie dbb-Chef Ulrich Silberbach auf der Jahrestagung in Köln mit warnenden Worten betonte, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat weiter erschüttern. Wir werden weiter berichten, insbesondere was die Erneuerung möglicher Widersprüche gegen die aktuelle Besoldung betrifft.

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