Kampf gegen Produktpiraten nur mit leistungsfähiger Zollabfertigung
Zum „Welttag des geistigen Eigentums“ am 26. April 2023 berichtet die Zollverwaltung über den wirtschaftlichen Schaden von knapp einer Milliarde Euro, der in Deutschland anhand des Wertes von beschlagnahmten gefälschten Waren für den Zeitraum der letzten drei Jahre ermittelt wurde. Mit rund 315 Mio. € wurde 2021 ein Höchstwert erreicht.
„Damit das Geschäft mit dem Ideenklau nicht weiter boomt, müssen die Kolleginnen und Kollegen in der Warenabfertigung vom massiv gestiegenen Aufgabenvolumen entlastet werden“, betont BDZ Bundesvorsitzender Thomas Liebel. „Hier sehen wir ganz konkret die Folgen des politischen Irrwegs der pauschalen Stelleneinsparung, von dem dieser Teil der Zollverwaltung nicht ausgenommen wurde“, so Liebel weiter.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 66.000 Sendungen stoppten Zöllnerinnen und Zöllner seit 2020 aufgrund des Verdachts der Verletzung von Schutzrechten (Marken, Patente, Muster etc.). Auf die Gesamtmenge der versendeten Artikel berechnet wurden somit insgesamt 31 Millionen Fälschungen aus dem Verkehr gezogen. Der mit Abstand größte Anteil im Jahr 2021 stammt aus China (54%), gefolgt von der Türkei (15%) und Hongkong (13%), wobei diese Statistik nicht nur die Herstellung, sondern auch den Versand der Ware mit einbezieht. Der Wert der beschlagnahmten Waren hat sich in den vergangenen drei Jahren stetig erhöht. Gegenüber dem noch im Jahr 2019 verzeichneten Wert von rund 224 Mio. € stellt der Höchstwert von rund 315 Mio.€ im Jahr 2021 eine Steigerung um 40 Prozent dar (Quelle: Zolljahresstatistik 2021).
Fälschungen auch auf Kosten von Sicherheit und Gesundheit
Häufige Plagiate sind Mode- und Bekleidungsartikel und elektronische Konsumgüter. In diesen Fällen ist es für die Verbraucher/innen zunächst unter finanziellen Aspekten ärgerlich, wenn sie Betrügern auf den Leim gegangen sind. Jedoch ist vielen nicht bewusst, dass mittlerweile auch medizinische Produkte oder Teile für die Fertigung beispielsweise im Maschinenbau oder Automobilsektor im großen Stil gefälscht werden. Somit entsteht hier zunehmend ein ernsthaftes Risiko für die Sicherheit und Gesundheit der Menschen, die schlichtweg darauf vertrauen können müssen, dass Bremsen nicht fehlerhaft und Medikamente nicht verunreinigt sind.
Außerdem schützt der Zoll nicht nur die großen, internationalen „Player“, die sich mit ihren aus der Werbung bekannten Marken auf den Weltmärkten durchsetzen wollen. So müssen auch kleine Gewerbetreibende, die teilweise erst vor kurzem in den Internet-Versandhandel eingestiegen sind, oft schockiert feststellen, dass ihre Innovationen und Produktdesigns illegal, meist über Drittländer, vertrieben werden. Die Zentralstelle Gewerblicher Rechtsschutz des Zolls fungiert hier mit einer Online-Plattform als Dienstleister für die Betroffenen, die nicht mehr als ein ELSTER-Steuerzertifikat benötigen, um Anträge auf Grenzbeschlagnahmeverfahren einzureichen. Dann kommen die Plagiate hier oder, sofern beantragt, in der ganzen EU nicht in den Umlauf.
Personalzuwächse für die Abfertigung sind unerlässlich
All dies setzt natürlich voraus, dass für die Wahrnehmung von Kontrolltätigkeiten genug Personal in den Zolldienststellen vorhanden ist. Der BDZ hat wiederholt angesichts des Brexit, des Mehrwertsteuer-Digitalpakets und des ohnehin zunehmenden Online-Handels auf die Folgen des gestiegenen zollrechtlich abzufertigenden Sendungsvolumens hingewiesen. Aus unserer Sicht macht dies aktuell einen Mehrbedarf von 1.200 Arbeitskräften erforderlich. Daran ändern auch die oft angepriesenen digitalen Lösungen nichts. So hat das ITZ Bund zwar eine KI-Software entwickelt, die dem Zoll mittels automatisierter Bilderkennung und Datenbankabgleichen die Identifizierung von Produktfälschungen erleichtern soll. Eine solche Technologie ersetzt jedoch keine Zöllner/innen, die nach wie vor in jedem Einzelfall die finale Einschätzung vornehmen müssen.
Die personelle Situation ist vor dem Hintergrund der auch für den kommenden Bundeshaushalt vorgesehenen pauschalen Stelleneinsparung von 1,5 Prozent überhaupt nicht befriedigend. Der BDZ wird sich daher in den kommenden politischen Gesprächen weiterhin vehement für die Ausnahme der gesamten Zollverwaltung von dieser wenig nachvollziehbaren Einsparvorgabe einsetzen.