Flexibilisierung der Arbeitszeit: Debatte um den Fachkräftemangel bekräftigt BDZ-Forderungen

Während in der privaten Wirtschaft schon ernsthaft über die Machbarkeit der 4-Tage-Woche geredet wird, dominieren in der Bundesverwaltung noch die Vorschriften des letzten Jahrhunderts. Dabei ist offensichtlich, dass individuellere Regelungen zur Arbeitszeit kommen müssen, wenn der öffentliche Dienst im Kampf um die besten Köpfe zukunftsfähig bleiben will. In einem ZDF-Interview appellierte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andrea Nahles, an den Realitätssinn der Arbeitgebenden. Der BDZ nimmt dies zum Anlass, unsere langjährigen Forderungen erneut herauszustellen. Dazu der Bundesvorsitzende Thomas Liebel: "Rückführung der Arbeitszeit auf 39 Stunden, Lebensarbeitszeitkonten, Reduzierung des Pensionseintrittsalters für besonders belastete Beschäftigte  – das alles sind Punkte, die schon längst hätten umgesetzt werden können!"

09. August 2023

Die Übertragung des Tarifabschlusses liegt hinter uns. Dennoch konnte sich der Bund nicht dazu durchringen, die bisherige Regelung zur Altersteilzeit mit einer Verlängerung des TVFlex beizubehalten. Darüber hinaus macht das BMI weiterhin keine Anstalten, die für Beamtinnen und Beamte nicht mehr zeitgemäße 41-Stunden-Woche auf eine 39-Stunden-Woche zurückzuführen. War diese noch im Jahr 2006 eingeführt worden, um Stellenstreichungen durch Mehrarbeit zu kompensieren, reden wir heute über das Problem, neu geschaffene Stellen nicht besetzen zu können. Für die Beibehaltung der 41-Stunden-Woche entfällt daher jegliches plausible Argument. Die Rückführung der Arbeitszeit auf 39 Stunden ist somit längst überfällig. Die politisch Verantwortlichen hatten die Reduzierung der Wochenarbeitszeit mit der Konsolidierung des Bundeshaushaltes – der sogenannten „Schwarzen Null – zugesagt. Ein politisches Versprechen, dass nach einem mehrmaligen, ausgeglichenen Haushalt bis heute nicht eingelöst wurde.   

Mehr Ausrichtung an Lebensphasen dringend geboten 

Sowohl Altersteilzeit, als auch Arbeitszeitreduzierung sind aus den Gründen des Fachkräftemangels und dem dringenden Erfordernis attraktivitätssteigernder Maßnahmen mehr als denn je geboten. Die dahinterliegende Einstellung der Arbeitgebenden, die die kritische Lage auf dem Arbeitsmarkt noch zu sehr ausblenden, wurde neulich von BA-Chefin Nahles im ZDF kritisiert. Nahles forderte in einem Interview eine "lebensphasenbezogene Arbeitszeitpolitik", die stärker darauf Rücksicht nimmt, wann die Menschen wie viel arbeiten wollen. Interessanterweise fordert der BDZ eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten hin zu lebensphasenorientierten Arbeitszeitmodellen bereits seit den Jahren, als Nahles noch den SPD-Partei- und Fraktionsvorsitz bekleidete. Wir begrüßen die späte Einsicht in die Notwendigkeit solcher Maßnahmen und hoffen darauf, dass die ehemalige sozialdemokratische Spitzenpolitikerin ihren Standpunkt nicht nur gegenüber den Medien, sondern auch gegenüber ihrer Parteifreundin an der Spitze des Bundesinnenministeriums vertritt.

Arbeitszeitrechtliche Wertguthaben ermöglichen

Ein Baustein in der individuellen Gestaltung der Lebensarbeitszeit betrifft die arbeitszeitrechtlichen Wertguthaben (Lebensarbeitszeitkonten bzw. Langzeitkonten). Zwar wurden mit der von der Bundesregierung am 16. Dezember 2020 beschlossenen Änderung der Arbeitszeitverordnung (AZV) die Rechtsgrundlagen für Langzeitkonten mit Zeitguthaben bis zu 1.400 Stunden geschaffen. Dieses Modell sieht jedoch eine zwingende Erhöhung der Wochenarbeitszeit vor, was in keiner Weise den Effekt der Fürsorge bzw. flexibleren Arbeitszeiten gerecht wird. Vielmehr sollte auch an dieser Stelle eine echte Anerkennung für die Beschäftigten gezeigt werden, beispielsweise indem die tatsächlich angehäufte Mehrarbeit einem Lebensarbeitszeitkonto gutgeschrieben wird. Zudem sollten Zulagen für Dienst zu wechselnden Zeiten steuerfrei erfolgen. Eine steuerliche Förderung von Überstunden hatte der neue CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann jüngst in die öffentliche Debatte eingebracht. Ein diskussionswürdiger Vorschlag – auch im Hinblick auf Zulagen für Dienst zu wechselnden Zeiten –, der jedoch von einem Unionspolitiker stammt, der im vergangenen Jahr trotz eines Zustandes verfassungswidriger Besoldung lautstark einen zu aufgeblähten Beamtenapparat als Krisenursache für Deutschland beschrieben hatte.

Vertrauensarbeitszeit darf kein Tabu mehr sein 

Nicht zuletzt stellt die Vertrauensarbeitszeit ganz im Sinne der aktuellen Diskussionen ein Arbeitszeitmodell dar, bei welcher die Erledigung der dienstlichen Aufgaben und nicht mehr die zeitliche Präsenz der Beschäftigten im Vordergrund steht. Das Konzept findet ebenfalls Rückhalt im Koalitionsvertrag der Ampelregierung und sollte daher in der Arbeitszeitverordnung der Bundesbeamten/-innen geregelt werden. Selbst wenn Bedenkenträger auf rechtliche Vorgaben durch Urteile des Europäischen Gerichtshofs und Bundesarbeitsgerichts zur Arbeitszeiterfassung verweisen, ist die Einführung der Vertrauensarbeitszeit für Beamte dadurch keineswegs ausgeschlossen. Solange beispielsweise die Aufzeichnungspflicht den Beamten/-innen selbst obliegt, bedeutet Vertrauensarbeitszeit schlicht und einfach weniger Kontrolle durch den Dienstherrn. Denn Beschäftigte können dann selbst frei über ihre Arbeitszeiten bestimmen. Aus Sicht des BDZ wäre aber bereits die Aufzeichnungspflicht unnötig, da eine solche Kontrolle aufgrund der besonderen Dienst- und Treuepflicht (Art. 33 Abs. 4 GG) der Beamtinnen und Beamten nicht angemessen ist.

Kernforderung des BDZ: Herabsetzung des Pensionseintrittsalters für besonders belastete Beschäftigte!

Die Umsetzung konkreter Verbesserungen auf den o.g. Gebieten sollte stets die Beschäftigten aller Bereiche gleichermaßen umfassen und nicht einen Bereich gegenüber dem anderen benachteiligen. Ein Beispiel wäre die Kernforderung des BDZ zur Reduzierung des Pensionseintrittsalters im zöllnerischen Vollzugs-, Wechsel- und Schichtdienst. Hier sollte spätestens mit 62 Jahren ein abschlagsfreier Eintritt in den Ruhestand ermöglicht werden. Entgegen Angehöriger anderer Vollzugsdienste (z.B. Landes- und Bundespolizei, Feuerwehr) gelten für die Bundeszollverwaltung keine besonderen Regelaltersgrenzen.

Wir werden unseren Forderungen weiter Nachdruck verleihen und dafür sorgen, dass die politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger nicht nur Sprüche klopfen, sondern auch lernen, ihre Hausaufgaben zu machen!

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