BDZ vor Ort mit MdB Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen)
FKS Hof im Einsatz gegen Ausbeutung von Kraftfahrern
In kaum einem Bereich ist die Rechtslage zu Beschäftigungsverhältnissen so schwer zu überblicken wie im gewerblichen Straßenverkehrssektor. Infolge der Umsetzung einer EU-Richtlinie zum Entsenderecht informierte sich die Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen) auf Einladung des BDZ darüber, wie die Praxis ausschaut. Die Kolleg/-innen der FKS in Hof gaben Einblicke. Der Termin zeigte erneut: Die FKS erledigt hochkomplexe Aufgaben.
- Das Team der FKS Hof mit Direktionspräsidentin Constanze Voß (2.v.l.) und der Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke (1. Reihe mittig, rechts neben LRD René Matschke und Thomas Liebel)
Auf Einladung des BDZ, vor Ort vertreten durch Bundesvorsitzenden Thomas Liebel, Hans Eich (HPR-Vorstandsmitglied), Tom Seidl (ÖPR-Mitglied Regensburg), Felix Schirner (Pressereferent), besuchte die grüne Bundestagsabgeordnete am 04.12.2023 den Dienstsitz Hof des Hauptzollamtes Regensburg. Dort wurde sie von dem Leiter des HZA, LRD René Matschke, der Direktionspräsidenten D VII Constanze Voß und weiteren Kollegen aus der örtlichen Leitung des Sachgebiets E empfangen.
Müller-Gemmeke ist Berichterstatterin für ihre Fraktion im Ausschuss Arbeit und Soziales und setzt sich primär mit der Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung auseinander. Dieser befasste sich im Sommer mit einer Überarbeitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Neu geregelt wurde u.a., dass für rein inländische Beförderungsfahrten ausländischer Transportunternehmer (sog. Kabotagefahrten) künftig der deutsche Mindestlohn zu zahlen ist. Damit wurde nach einer jahrelangen Hängepartie, die teils vor Gerichten ausgetragen wurde, Rechtsklarheit geschaffen. Die Abgeordnete hatte maßgeblich an der Überarbeitung des Gesetzes mitgewirkt.
Den Austausch in der Dienststelle Hof bezeichnete die Abgeordnete als erkenntnisreichen Tag. Sie nehme viel mit nach Berlin. Deutlich wurde an diesem Tag für sie einmal mehr: Die Herausforderungen für die FKS sind hochkomplex und doch arbeiten die Beschäftigten bei der FKS professionell, effektiv und vor allem engagiert. Danke dafür.
EU-Straßenverkehrsrichtlinie umgesetzt: Zoll darf kontrollieren
Seit Jahren mahnt die EU die vielen Mindestlohnverstöße und ausbeuterischen Verhältnisse im Straßengüterverkehr an. Das systematische Unterlaufen von Arbeits- und Sozialrechten würde einen funktionierenden europäischen Arbeitsmarkt massiv behindern. Die Mitgliedstaaten seien gefordert, die Einhaltung der komplexen Vorschriften im grenzüberschreitenden Transportwesen strenger zu kontrollieren, die infolge des sog. EU-Mobilitätspakets in Kraft getreten sind. Über entsprechende Äußerungen eines EU-Kommissars auf einer dbb-Veranstaltung hatte der BDZ im April 2023 berichtet.
Der Bundestag hatte deshalb im Juni 2023 für einen Gesetzentwurf zur Regelung der Entsendung von Kraftfahrern und Kraftfahrerinnen gestimmt, womit die EU-Richtlinie 2020/1057 (Straßenverkehrsrichtlinie) in nationales Recht umgesetzt wurde. In der vorhergehenden Anhörung wurde u.a. die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls beteiligt. Die FKS begrüßte prinzipiell die Neuregelungen, da diese die Prüfungen erleichtern würde. Unter anderem müssten Fahrer nun eine Entsendemeldung mitführen, aus der Informationen über Arbeitgeber und Auftrag hervorgehen, wenn sie Kabotagefahrten durchführen.
Lange Zeit waren die Kolleginnen und Kollegen der FKS mit einer unklaren Rechtslage konfrontiert. Fahrer, Transportunternehmen und Kontrollbehörden hatten unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Unterlagen mitgeführt und auf Verlangen vorgelegt werden müssten. In der Anfangszeit der Einführung des Mindestlohns in Deutschland im Jahr 2015 hatte die FKS Probleme, überhaupt Kontrollen durchführen zu können. In den Folgejahren konnte infolge von Gerichtsurteilen im Speditionsgewerbe zumindest stichprobenhaft kontrolliert werden. Mit der Umsetzung der Straßenverkehrsrichtlinie wurde nun klargestellt, dass das Transportgewerbe zum Bereich des Entsenderechts gehört. Das heißt grundsätzlich: Der deutsche Mindestlohn muss gezahlt werden und der Zoll darf es prüfen.
Praxis gespickt mit Ausnahmen und technischen Hürden
Die Bundestagsabgeordnete Müller-Gemmeke ließ sich vom Team der FKS in Hof im Detail schildern, wie die Umsetzung in der Praxis nun ausschaut. Denn auch im verabschiedeten Gesetz sind weiterhin Ausnahmen vorgesehen. So unterliegen nicht alle Beförderungsfahrten im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaats dem Entsenderecht – Transitfahren, bilaterale Fahrten und unter bestimmten Voraussetzungen auch trilaterale Fahrten bleiben weiterhin ausgenommen. Das heißt, in vielen Fällen gelten Kraftfahrer/-innen dann weiterhin nicht als „im Inland beschäftigt“, obwohl sie dort ihre Fahrten ausüben. Dem Beschäftigungsstatus wurde also auch durch das neue Gesetz nicht das Territorialitätsprinzip zugrunde gelegt. Die Zollverwaltung muss daher weiterhin prüfen, welche Art von Beförderungsfahrt überhaupt ausgeübt wird, um den arbeitsrechtlichen Status und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen festzustellen. In der Realität haben es die Kolleg/-innen der FKS leider weiterhin mit einem Wust an Vorschriften und unterschiedlichsten Fallkonstellationen zu tun. Dies führe teilweise dazu, dass „wir dahingehend prüfen, ob wir überhaupt vertieft prüfen“, wie es eine Kollegin vor Ort trefflich zum Ausdruck brachte.
Auch die (verwaltungs-)technischen Rahmenbedingungen lassen zu wünschen übrig. Zwar wurde eine länderübergreifende elektronische Schnittstelle über das sog. Binnenmarktinformationssystem IMI geschaffen, über die die deutsche Zollverwaltung Daten zu Beschäftigungsverhältnissen und Beförderungsaufträgen bei anderen EU-Mitgliedstaaten abfragen kann. Die IMI-Entsendemeldungen können inzwischen per QR-Code über das Handy ausgelesen werden, was einen Fortschritt darstellt. Von Seiten der EU wurde jedoch bislang nicht angestrebt, erforderliche Dokumente wie Fahrerbescheinigungen und Sozialversicherungsmeldungen in einem einheitlichen IT-System europaweit zu erfassen. Solche Papiere bleiben bei der örtlichen Zollkontrolle weiterhin schwer überprüfbar, da sie teils sehr veraltet und in vielen fremden Sprachen ausgestellt sind.
Auch Vorschriften, die die Transportunternehmen stärker in die Pflicht nehmen würden, sind unterblieben. Nicht zu allen Dokumenten gibt es Mitführungspflichten. Auch können neue „smarte“ Tachografen der Lkw, die durch das EU-Mobilitätspaket verpflichtend wurden, zwar theoretisch erfassen, ob eine Fahrt als Be- oder Entladung durchgeführt wurde. Die Fahrer/-innen sind aber nicht verpflichtet, solche Daten in ihre Tachografen einzugeben. Ein klares Regelversäumnis, denn selbst solche Einzelinformationen können sich darauf auswirken, ob eine Fahrt am Ende mindestlohnpflichtig ist, oder nicht.
Insgesamt konnten viele konstruktive Vorschläge gemacht werden, wie die bestehende Rechtslage bzw. deren Anwendung noch verbessert werden kann. Die BDZ-Vertreter fügten hinzu, dass auch Regelungen zum Sozialdatenschutz die FKS nach wie vor ausbremsen. Immer noch habe die Polizei größere Befugnisse, Daten abzufragen, als die FKS. Wenn man Schwarzarbeit härter bekämpfen will, müsse sich dies endlich ändern. Die Abgeordnete nahm viel Input mit und sagte zu, eng an der Thematik dran zu bleiben.
Enormes Fachwissen bei der FKS abverlangt
Der Dienststellenbesuch in Hof untermauert den Standpunkt des BDZ, dass die Arbeit der Beschäftigten in der FKS stärker gewürdigt werden muss. Der Tätigkeitsbereich fordert enormes Fachwissen. Die oben geschilderten Probleme der arbeitsrechtlichen Entsendung betreffen nur einen kleinen Bereich der illegalen Beschäftigung. Darüber hinaus hat man noch mit Abgabenbetrug, Scheinselbständigkeit, und Vielem mehr zu kämpfen.
Die Kolleginnen und Kollegen sollen sich darüber hinaus nicht nur mit dem Straßenverkehrsbereich, sondern auch mit den Spezifika unzähliger weiterer Branchen (Baugewerbe, Gastronomie, Gebäudereinigung, usw.) auskennen. Komplex gelagerte Fälle, die letztendlich vor Gericht bewiesen werden müssen, müssen akribisch aufgearbeitet werden. Aus Sicht des BDZ müssen deshalb viel mehr Beschäftigte des gehobenen Dienstes in der FKS eingesetzt werden – unter der Prämisse, dass die Beschäftigten des mittleren Dienstes in diese Stellen gefördert werden (vgl. hierzu Positionspapier des BDZ "Erneuerung des Laufbahnrechts des Bundes").
Es ist entscheidend, die große Motivation der vielen jungen Kolleginnen und Kollegen, in das Sachgebiet E (FKS) zu gehen, nicht auszubremsen und erfahrene Beschäftigte weiter zu fördern. Hier wird enorm wichtige Arbeit geleistet. Der BDZ kämpft dafür, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Auch danken wir Frau Müller-Gemmeke, die sich stets als verlässliche Partnerin des BDZ und Unterstützerin der FKS erweist.