Dewes warnt vor Aushöhlung des Mindestlohns und einer Negativspirale auf dem Niedriglohnsektor
Die nach einem Eckpunktepapier des CDU-Vorstands zur Integrationspolitik geplanten Ausnahmen vom Mindestlohn für Flüchtlinge haben beim BDZ scharfen Protest hervorgerufen. Entgegen der Meinung ihres Koalitionspartners SPD will die CDU Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt sechs Monate vom Mindestlohn ausnehmen und sie insoweit Langzeitarbeitslosen gleichstellen. BDZ-Bundesvorsitzender Dieter Dewes warnt vor einer Aushöhlung des Mindestlohns. Nachdem das Mindestlohngesetz bereits Korrekturen erfahren habe, drohe jetzt ein massiver Angriff, der das Projekt Mindestlohn in Gefahr bringe. Der vom Zoll kontrollierte Mindestlohn dürfe nicht auf diese Weise verwässert werden, forderte Dewes. Ihm dränge sich der Eindruck auf, dass die Flüchtlingsdiskussion für die Wirtschaft ein willkommener Anlass sei, weitere Einschränkungen vorzunehmen.
Das CDU-Integrationsprogramm sieht vor, dass anerkannte Flüchtlinge wie Langzeitarbeitslose behandelt werden, sobald sie in die Zuständigkeit der Hartz-IV-Jobcenter fallen. In den ersten sechs Monaten einer Beschäftigung soll der gesetzliche Mindestlohn von derzeit 8,50 Euro nicht gezahlt werden. Als langzeitarbeitslos gilt bisher nur, wer ein Jahr lang ohne jede Unterbrechung durch Weiterbildung oder Beschäftigung arbeitslos gemeldet war.
Dewes erinnerte daran, dass der „Mindestlohn für alle“ partei- und fraktionsübergreifend gewollt und beschlossen worden sei. Auch wenn die arbeitsmarktpolitische Integration von Flüchtlingen in diesem Ausmaß nicht voraussehbar gewesen sei, sollte sich der Gesetzgeber darauf besinnen, was Kern des Mindestlohnprojekts gewesen sei. Wenn die CDU jetzt dem Druck der Wirtschaft weiche, konterkariere sie ihre eigenen politischen Vorhaben.
Von dem selbstgesteckten Ziel, einen flächendeckenden und branchenübergreifenden Mindestlohn für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzuführen, entferne sich die Politik immer weiter, nachdem bereits Ausnahmen für Minderjährige ohne Berufsabschluss, für Auszubildende, für die meisten Praktikantinnen und Praktikanten und eben für Langzeitarbeitslose in den ersten Monaten einer neuen Beschäftigung nachträglich zugelassen worden seien.
Wenn jetzt anerkannte Flüchtlinge hinzu kämen, drohten zudem soziale Konflikte und eine „Negativspirale auf dem Niedriglohnsektor“, warnte Dewes und forderte Klarheit über die Rechtslage bei der Arbeitserlaubnis von Flüchtlingen. Denn ohne Arbeitserlaubnis dürfen Flüchtlinge bislang nicht arbeiten. Für Asylsuchende und Geduldete ist die Arbeit in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts verboten.
Bei den Beschäftigten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) seien zeitintensive Prüfungen zu erwarten, die ihre Arbeit weiter erschwerten. Unter dieser Mehrarbeit leide die Qualität, wenn der Mindestlohn nicht in der gleichen Intensität kontrolliert werden könne. Hinzu komme, dass die FKS trotz vom Haushaltsgesetzgeber bewilligter Neueinstellungen personell noch längst nicht in der Lage sei, diese Mammutaufgabe zu stemmen.
Dewes: „Alle Beschäftigten haben einen Anspruch auf einen gerechten Lohn, der nicht durch die Hintertür ausgehöhlt werden darf. Mit Ausnahmen wird das Mindestlohngesetz aber im Kern angetastet. Von der Kontrolle durch den Zoll muss auch weiterhin eine abschreckende Wirkung ausgehen, ohne die der Mindestlohn nichts wert ist.“