BDZ informiert
Bundesfinanzminister Lindner stellt Strategie „Zoll 2030" vor
Am Mittwochnachmittag (30.10.) wurde von Seiten des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) im Rahmen einer Sonderführungsklausur eine Strategie zur Modernisierung der Zollverwaltung bis zum Jahr 2030 vorgestellt. Mit inbegriffen ist eine Neuaufstellung, die auch tiefgreifende organisatorische Reformen vorsieht. Der BDZ, der mit dem BDZ-Bundesvorsitzenden und Vorsitzenden des Hauptpersonalrats beim BMF, Thomas Liebel, an der Sonderführungsklausur teilnahm, informiert nachstehend tagesaktuell über die wesentlichen Maßnahmen der Strategie.
Im direkten Anschluss an die im BMF abgehaltene Informationsveranstaltung äußerte sich Liebel auf den Social Media-Kanälen des BDZ in einer Videobotschaft - siehe BDZ auf Facebook und Instagram.
Zusammengefasst beauftragte Bundesfinanzminister Christian Lindner die Generalzolldirektion mit der Umsetzung einer Zoll-Strategie 2030. Die Strategie beabsichtigt mehr Wirtschaftspartnerschaft und Sicherheit sowie mehr Effizienz und Sichtbarkeit des Zolls. Im Kern ist beabsichtigt:
- Bürokratieabbau durch deutliche Vereinfachungen gegenüber Wirtschaftsbeteiligten, zu denen die Zöllnerinnen und Zöllner aktiv Verbesserungsvorschläge einreichen sollen.
- Konzentration der Zollabfertigungsinfrastruktur mittels Zusammenlegung kleinerer Zollämter.
- Digitalisierungsoffensive aller Verfahren nach innen und außen (hier insbesondere das IT-Verfahren ATLAS)
- Effektivere Bekämpfung von Kriminalität durch die Zusammenführung von Vollzugs- und Ermittlungseinheiten der Zollfahndungsämter und Hauptzollämter unter Wahrung der Einheit der Zollverwaltung.
- Die Bündelung der Ermittlungs- und Vollzugskompetenzen.
- Die Fortführung der Modularisierung des Zollstudiengangs um die Komponente des Vollzugsbereichs sowie die Verlagerung der Fortbildung des Zollfahndungsdienstes in das Bildungs- und Wissenschaftszentrum.
- Die Verbesserung der Ausstattung der Vollzugseinheiten sowie die Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit.
Darüber hinaus soll mit der beabsichtigten Zusammenlegung einzelner Direktionen durch die Bildung von zwei Fachsträngen „Wirtschaft und Einnahmen“ und „Sicherheit und Vollzug“ der Reformprozess auf Ebene der Generalzolldirektion ausgestaltet werden. Die Stärkung der Ortsebene sowie die Außendarstellung des Zolls in seiner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit runden das anstehende Modernisierungsprojekt ab.
Ein entsprechendes Schreiben des Ministers wurde im Mitarbeiterportal Zoll veröffentlicht. Das BMF hat sich ebenfalls in einer Pressemitteilung geäußert: Bundesfinanzminister Christian Lindner verkündet Strategie „Zoll 2030“
Wahrung und Stärkung der Einheit der Zollverwaltung
Bundesfinanzminister Christian Lindner betonte, die Prozesse des Zolls im Rahmen der Umsetzung der Zoll-Strategie 2030 ganzheitlich zu betrachten und stärken zu wollen. In diesem Zusammenhang erteilte der Bundesfinanzminister der seitens kleiner Gruppen geforderten Errichtung einer Zoll- oder Finanzpolizei im Rahmen der Sonderführungsklausur eine klare Absage. Unter der Wahrung der Einheit der Zollverwaltung sollen der Zoll in der Fläche erhalten bleiben und die Perspektiven der Beschäftigten weiter gefördert werden.
Zeitplan
Der Zeitplan sieht vor, dass mit der Modernisierung des Zolls noch in diesem Jahr durch die Einrichtung eines Projekts begonnen werden soll. Im nächsten Schritt erfolgt eine Beschäftigtenbefragung zur stärkeren Partizipation aller Beschäftigten bei dem Reformprozess. Minister Lindner sicherte eine umfassende Einbindung der Personal- und Interessenvertretungen sowie eine transparente und klare Kommunikation gegenüber allen Beteiligten und hier insbesondere der Beschäftigten zu. Das Projekt soll bereits im Jahr 2026 abgeschlossen sein und seine Wirkung bis Ende des Jahrzehnts – Zoll-Strategie 2030 – entfalten.
Weitere Entwicklungen mit Besonnenheit begleiten!
Positiv bewertet der BDZ das Ziel der Reform, den Ortsbehörden mehr Handlungsspielräume zu geben. Weniger Mikromanagement aus der Generalzolldirektion sowie des BMF und mehr Flexibilität für die Beschäftigten vor Ort: „Ein zeitgemäßer Ansatz, den wir unterstützen können“, betont der BDZ-Vorsitzende Liebel. Damit die "Strategie 2030" aber nicht Ausdruck des üblichen Reformritus wird, solle die Bundesregierung als Ganzes nun die Ärmel hochkrempeln und den Zoll endlich mit den nötigen Ressourcen ausstatten. Der Zoll und seine Beschäftigten bräuchten endlich Fakten statt immer neue Konzepte, so Liebel.
Aus Sicht der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft BDZ schweigen die Reformvorhaben auch zur zentralen Herausforderung der Zukunft, nämlich der demografischen Entwicklung. Bis zum Jahr 2030 werden rund jeder dritte Zöllner bzw. jede dritte Zöllnerin in den Ruhestand gehen. "Ohne genügend Nachwuchskräfte sowie eine sichtbare Förderung der Erfahrungswerte unserer Kolleginnen und Kollegen bleiben alle Reformvorhaben Makulatur,“ kritisiert der BDZ-Vorsitzende Thomas Liebel. Die Strategie „Zoll 2030" bietet zu wenig konkrete Lösungen für den überfälligen Personalnachschub insbesondere durch die Nachwuchsgewinnung. Allenfalls sieht sie eine aktivere Öffentlichkeitsarbeit und Intensivierung der sog. Corporate Identity des Zolls vor. „Mit Hilfe von PR-Agenturen allein wird das demografische Problem aber nicht gelöst werden, zudem wurden dadurch in der Vergangenheit teils falsche Erwartungen bei Nachwuchskräften geweckt“, so Liebel. Wir begrüßen jedoch ausdrücklich die Äußerungen von Bundesfinanzminister Christian Lindner zur finanziellen Stärkung des Zolls und Investitionen in die Beschäftigten als das Herzstück des Zolls.
Wie immer sollte den Verantwortlichen klar sein: Reformen funktionieren nur mit den Beschäftigten, nicht gegen sie. Darauf wird der BDZ im anstehenden Modernisierungsprojekt besonders achten. Wir werden zu gegebener Zeit ausführlicher berichten.