Keine Widersprüche nötig

BMI-Rundschreiben zur amtsangemessenen Alimentation gilt weiter

In einem Schreiben an das Bundesministerium der Finanzen hat der Bundesvorsitzende des BDZ, Thomas Liebel, Klarheit über den aktuellen Stand bei der amtsangemessenen Alimentation von Beamten/-innen und Versorgungsempfängern/-innen des Bundes eingefordert. Der Hintergrund sind Verzögerungen bei der Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur amtsangemessenen Alimentation. In seiner Antwort bestätigte das BMF nun, dass das BMI-Rundschreiben vom Juni 2021 weiterhin seine Gültigkeit hat und Betroffene keine Widersprüche einlegen müssen.

16. Mai 2024

In zwei Beschlüssen vom 4. Mai 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht die Maßstäbe für die Ermittlung einer verfassungskonformen amtsangemessenen Alimentation neu justiert. Der Bund ist verpflichtet, die Besoldung auf Grundlage von Artikel 33 Absatz 5 Grundgesetz an diese Vorgaben anzupassen. Ein erster Reformentwurf (Bundesbesoldungs- und -versorgungsangemessenheitsgesetz), der bereits im Januar 2023 vorgelegt wurde, wurde jedoch nicht finalisiert.  

Die lange erwartete Reform der Bundesbesoldung zur Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für eine amtsangemessene Alimentation verzögert sich zurzeit weiter. Aufgrund der langen Dauer der Gesetzesinitiative, die im ersten Quartal 2024 scheinbar zum Stillstand gekommen ist – wir berichteten – haben auch den BDZ viele Fragen von besorgten Mitgliedern erreicht. Sie fragen sich zum einen, ob überhaupt noch damit zu rechnen ist, dass das Gesetzgebungsverfahren zu Ende gebracht wird, zum anderen, inwieweit ihnen durch die Nichteinlegung von Widersprüchen eine eventuelle Verschlechterung ihrer Rechtsposition droht. Folglich hat sich der BDZ an das Bundesfinanzministerium (BMF) gewandt und um Klärung der offenen Fragen vor dem Hintergrund der verschiedenen Szenarien gebeten.

BMF: Rundschreiben ist „zeitlich nicht befristet“

In seinem Antwortschreiben bestätigte das BMF zunächst, dass sich der Referentenentwurf für ein Bundesbesoldungs- und -versorgungsangemessenheitsgesetz immer noch in der Ressortabstimmung befindet. Das Vorhaben sei jedoch auch vor dem Hintergrund der Entwicklung der Besoldungsgesetzgebung in den Bundesländern "äußerst komplex und umfangreich", weshalb weiterer Abstimmungsbedarf zwischen den Ressorts und auf politischer Ebene bestehe.

Konkret hatte der BDZ angesichts der Verzögerungen nachgefragt, ob Besoldungs- und Versorgungsberechtigte im Vertrauen auf ein Rundschreiben des Bundesinnenministeriums (BMI) vom 14. Juni 2021 weiterhin keine Widersprüche einlegen müssen. In diesem Schreiben, das seinerseits vom BMF am 22.06.2021 bekanntgegeben wurde, hatte das BMI empfohlen, bei Alimentationsansprüchen seit 2021 gegenüber Beamten und Versorgungsempfängern weder die Einrede der Verwirkung noch der Verjährung zu erheben. Bei Widersprüchen von Beamtinnen und Beamten mit drei oder mehr Kindern wurde der Verzicht auf die Einrede der Verjährung auf den Zeitraum bis ins Jahr 2017 zurück ausgedehnt.

In seiner Antwort bestätigt das BMF nun, dass dieses BMI-Rundschreiben "zeitlich nicht befristet" ist und damit weiterhin Gültigkeit besitzt - auch unter verschiedenen denkbaren und vom BDZ angesprochenen Szenarien, zum Beispiel:

  • Die Gesetzesinitiative zur Anpassung der Bundesbesoldung wird – wie von allen politischen Lagern versprochen – nicht auf Dauer abgebrochen und zeitnah vollendet, sodass weiter kein Handlungsbedarf für Widersprüche besteht.
  • Bei der zu erwartenden Reform des Besoldungsrechts sind entsprechend dem dann angehobenen Alimentationsniveau rückwirkend zum Jahr 2021 Nachzahlungen vorgesehen, die unabhängig von einem Antrag von Amts wegen gezahlt werden. Diese Nachzahlungen werden unabhängig davon erfolgen, ob ein Anspruch auf amtsangemessene Alimentation für die Haushaltsjahre 2021 und folgende Haushaltsjahre durch Rechtsbehelf geltend gemacht worden ist.
  • Die Reform wird beschlossen, jedoch sieht das neue Recht keine ausreichenden Nachzahlungen von Amts wegen vor. Dann können die Betroffenen aber dennoch ab 2021 Ansprüche geltend machen, ohne dass ihnen die Einrede der Verwirkung wegen nicht haushaltsnaher Geltendmachung oder Verjährung entgegengehalten würde.
  • Bleiben die beschlossenen Reformen in ihren Regelungsinhalten gänzlich hinter den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zurück bzw. sollten die Betroffenen zu dieser Auffassung gelangen, könnten sie dennoch eventuelle darüberhinausgehende Ansprüche auf eine amtsangemessene Alimentation seit dem Haushaltsjahr 2021 geltend machen, ohne dass ihnen die Einrede der Verwirkung wegen nicht haushaltsnaher Geltendmachung oder Verjährung entgegengehalten würde.
  • Kommt die Reform gänzlich zum Erliegen, d.h. ein Gesetz wird nicht verabschiedet, können etwaige Ansprüche seit 2021 in gleicher Weise ohne die Einrede der Verwirkung oder Verjährung geltend gemacht werden.

Das bedeutet: Die Betroffenen müssen vorerst keine Widersprüche einlegen, um ihre Rechtsposition für Ansprüche auf eine amtsangemessene Alimentation seit 2021 nicht zu gefährden.

Der Dienstherr Bund verzichtet demnach bis auf Weiteres sowohl auf das Erfordernis einer haushaltsjahrnahen Geltendmachung der Ansprüche als auch auf die Geltendmachung der Verjährungseinrede. Diese Regelung soll Nachteile für die Betroffenen vermeiden, bis die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in zwei Beschlüssen aus dem Jahr 2020 gesetzlich (endlich) umgesetzt ist.

Die Besoldungs- und Versorgungsempfänger/-innen können somit die weitere politische Entwicklung abwarten, ohne rechtliche Schritte einleiten zu müssen. Je nach Ausgang bleiben mögliche Ansprüche auf Nachzahlungen und Höheralimentation ab 2021 gewahrt.

Rechtsunsicherheit ausgeräumt, Enttäuschung bleibt

Die Verzögerungen bei der Besoldungsreform hatten bereits auf harsche Kritik seitens der im dbb beamtenbund und tarifunion organisierten Gewerkschaften auf sich gezogen. Die nun erneut bestätigte Regelung zum Umgang mit der Besoldung im Übergangszeitraum seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 dürfte zumindest einige Rechtsunsicherheit für die Betroffenen ausräumen.

Allerdings bleibt abzuwarten, wann das Bundeskabinett Einigkeit zum vorliegenden Entwurf herstellen und der Gesetzgeber eine dauerhafte Lösung für die amtsangemessene Alimentation finden kann. Angesichts der immer näher rückenden parlamentarischen Sommerpause wäre eine weitere Nichtbefassung mit dem Gesetzentwurf eine Verschärfung des Vertrauensbruchs der Bundesregierung gegenüber den Beamtinnen und Beamten des Bundes. Dies wäre in Zeiten, in denen Rechtsstaat und Demokratie von allen Seiten immer stärker herausgefordert werden, ein fatales Signal.

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