Beteiligungsgespräch zu geplanter Reform der Vorbereitungsdienste

BDZ setzt sich für Nachbesserungen beim Zoll-Bachelor ein

Das Tätigkeitsspektrum in der Zollverwaltung wird immer komplexer, die Herausforderungen durch die fortschreitende Digitalisierung nehmen zu und der Kampf um Nachwuchskräfte verschärft sich. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) will auf diese Herausforderungen mit einer Reform der Rahmenbedingungen für die Auswahl und Ausbildung der Nachwuchskräfte reagieren und u.a. die Laufbahnausbildung im gehobenen Dienst auf ein Bachelor-Studium umstellen. Der BDZ begrüßt die Änderungen grundsätzlich, sieht jedoch Nachbesserungsbedarf, den er in einem digitalen Beteiligungsgespräch mit dem BMF am 31. August 2023 geltend machte. Denn die Reform darf nicht zur Einsparung von Ressourcen durch die Hintertür führen. Ein pädagogisch hohes Niveau muss gewährleistet bleiben.

08. September 2023
  • Innenansichten eines der Bildungszentren der Bundesfinanzverwaltung. Bild: BDZ

An dem Beteiligungsgespräch nahmen für das BMF MRin Elke Pedack (Referat Z B 5), Anke Tutjens, Kerstin Petzold (III A 4), Stefan Poppe (III A 4) und G. Luebbe teil. Der BDZ war mit Astrid Haase (BDZ OV am BWZ Münster und HPR), Jan Gies (Ständiger Fachausschuss Digitalisierung und HPR) und Maik Siekmann (BDZ Bundesgeschäftsstelle) vertreten. Für den dbb nahm Mark Koehler an dem Termin teil.

BDZ hat Stellungnahme formuliert

Da ab dem 1. März 2024 die ersten Studierenden den neuen Bachelor-Studiengang für den gehobenen nichttechnischen Dienst der Zollverwaltung des Bundes beginnen werden, ist es wichtig, bei vermeintlichen Fehlentwicklungen frühzeitig gegenzusteuern. Der BDZ sieht die Notwendigkeit, mit der Reform auf aktuelle Erfordernisse in der Arbeitswelt zu reagieren. Für uns ist aber auch klar, dass digitale Lehrveranstaltungen und Großvorlesungen kein Personal ersetzen können.

Die Modularisierung der Lehrinhalte ermöglicht eine flexiblere Gestaltung des Studiums und eine bessere Anpassung an die Bedürfnisse und mögliche Karriereziele der Studierenden. Die Fülle des Stoffs soll entschlackt werden, um den Schwerpunkt der Ausbildung in Richtung der Vermittlung digitaler und Methodenkompetenzen mit mehr Transfer von der Theorie in die Praxis zu verlagern. Diese Punkte stellen handlungsorientierte Fähigkeiten dar, die auf dem heutigen Arbeitsmarkt – Stichwort lebenslanges Lernen – immer wichtiger werden. Der bisherige Studienverlauf im Diplomstudiengang wurde diesen Anforderungen nicht im erforderlichen Maße gerecht. Der vorliegende Referentenentwurf berücksichtigt bereits viele vom BDZ vertretenen Positionen; jedoch sehen wir in vielen Punkten noch Nachbesserungsbedarf. Unsere ausführliche Stellungnahme kann hier abgerufen werden:

 

Der Bachelor kommt – die Änderungen im Überblick

Die geplante Reform umfasst im Wesentlichen folgende Punkte:

  • Der fachspezifische Vorbereitungsdienst für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst soll von einem Diplomstudiengang auf ein modularisiertes Bachelorstudium umgestellt werden. Dabei sollen auch digitale Lehrformate dauerhaft im Studium verankert werden. Zukünftig soll es jährlich zwei Termine geben, zu denen Anwärterinnen und Anwärter im gehobenen Dienst eingestellt werden.
  • Das Auswahlverfahren für den gehobenen und den mittleren Zolldienst soll neu ausgestaltet werden.
  • Absolventinnen und Absolventen der Laufbahnprüfung im mittleren nichttechnischen Zolldienst sollen zukünftig die Berufsbezeichnung „Finanzwirtin“/“Finanzwirt“ führen können.

Den Schwerpunkt der Reform bildet die Einrichtung eines Bachelor-Studiengangs. Der Diplomstudiengang „Gehobener nichttechnischer Zolldienst des Bundes“ läuft aus und soll durch einen neuen Bachelorstudiengang „Zolldienst des Bundes (LL.B)“ ersetzt werden. Das Studium dauert drei Jahre und ist in Semester aufgeteilt. Dabei ist der Studiengang weiterhin als Präsenzstudiengang mit generalistischer Ausrichtung konzipiert und modular aufgebaut. Neben die Fachstudien als fachtheoretische Lehrveranstaltungen treten praxisintegrierende Fachstudien. Diese bestehen aus Praxisaufenthalten bei den Ausbildungsbehörden (Praxisstudien) sowie begleitenden fachtheoretischen Lehrveranstaltungen (Transferveranstaltungen) des Fachbereichs Finanzen. Im weiteren Verlauf des Studiums sollen Studierende über Wahlpflichtmodule und ein Wahlpflichtpraktikum individuelle Schwerpunkte setzen können.

Nachbesserungsbedarf aus Sicht des BDZ

Zwei Einstellungstermine

Im Zuge der geplanten Neustrukturierung des Studienverlaufs sind künftig für die Laufbahnausbildung im gehobenen Zolldienst jährlich zwei Einstellungstermine vorgesehen: Der 1. März und der 1. September statt wie bisher der 1. August.

Hierdurch soll über das Jahr betrachtet eine gleichmäßige Auslastung der Hochschule mit AnwärterInnen in der theoretischen Ausbildungsphase und der Ausbildungshauptzollämter mit AnwärterInnen in der Praxisphase erreicht werden.

Aus Sicht des BDZ bleibt abzuwarten, ob sich die Bewerberlage als ausreichend konstant erweist, um eine gleichmäßige Einstellung zu zwei Terminen sicherzustellen. Das BMF hat zugesagt, dass eine zeitnahe Beobachtung erfolgen wird, wie sich die Bewerberlage darstellt, um auf eine negative Entwicklung ggf. reagieren zu können.

Wahlmodule dürfen Modell des „Einheits-Zöllners“ nicht gefährden

Nach Auffassung des BDZ bergen die im Entwurf vorgesehenen Wahlmodule das Risiko einer frühzeitigen Spezialisierung, die dem Ideal der Ausbildung des generalistisch ausgebildeten „Einheits-Zöllners“ zuwiderlaufen würde. Das Zusammenstellen von Studieninhalten nach individuellen Interessen fördert die Motivation und das Engagement der Studierenden, da sie sich auf relevante Themen für eine künftige Spezialisierung konzentrieren können. Jedoch sollten auch in Zukunft die Nachwuchskräfte des gehobenen nichttechnischen Zolldienstes möglichst umfassend in der Zollverwaltung eingesetzt werden können. Die Wahlmodule dürfen diesem Ansatz nicht zuwiderlaufen und sollten daher in einem überschaubaren Rahmen bleiben.

Das BMF verwies darauf, dass die vorgesehenen Wahlmodule der beabsichtigten Akkreditierung des Studiums geschuldet sind und nicht weiter ausgebaut werden sollen. Es gebe keinerlei Bestrebungen, von der generalistischen Ausbildung abzurücken.

Digitale Unterrichtsformen können Personalprobleme nicht lösen

Im Hinblick auf den geplanten Ausbau digitaler Unterrichtsformen machte der BDZ deutlich, dass die Digitalisierung des Unterrichts und Großvorlesungen nicht dazu genutzt werden dürfen, die bestehenden Personaldefizite zu lösen. Digitale Lehrveranstaltungen, die neben der Präsenzlehre hinzukommen, sollten aus didaktischen Gründen zum Einsatz kommen, beispielsweise um notwendige Phasen des Selbststudiums sinnvoll angeleitet zu unterstützen – nicht jedoch, um die personelle Unterdeckung auszugleichen. Wir sehen deshalb kritisch, dass im Zuge der Erstellung des Modulhandbuchs Präsenzlehrstunden im Gruppenformat nur noch bis zu 35 Prozent der gesamten Studienzeit vorgesehen sind.

Das BMF sicherte zu, dass der Präsenzunterricht als Regelfall erhalten bleiben soll. Mit den im Entwurf vorgesehenen digitalen Unterrichtsformen reagiere man lediglich auf die während der Corona-Pandemie gesammelten positiven Erfahrungen.

Praxistutoren müssen auch tatsächlich von Dienstgeschäften entlastet werden

Der aktuelle Entwurf sieht vor, dass die PraxistutorInnen von anderen Dienstgeschäften zu entlasten sind. Die aktuellen Verordnungen sehen bereits eine entsprechende Regelung zugunsten der Ausbildenden vor, die jedoch in der Praxis nicht ausreichend gelebt wird. Das BMF sagte dem BDZ zu, z.B. über einen Erlass sicherzustellen, dass die Regelung zur Entlastung der TutorInnen auch tatsächlich umgesetzt wird. 

Zuständigkeit für Urlaubsgewährung

Der BDZ kritisierte die im Entwurf vorgesehene Regelung, nach der die Zeiten des Erholungsurlaubs während der praxisintegrierenden Fachstudien und des Wahlpflichtpraktikums durch die jeweilige Einstellungsbehörde im Einvernehmen mit dem Fachbereich Finanzen bestimmt werden. Laut BMF ist das Einvernehmen erforderlich, um die Durchführung der während der Praxismodule stattfindenden „Transferveranstaltungen“ sicherzustellen. Für diese vom Fachbereich Finanzen durchzuführenden Lehrveranstaltungen ist grundsätzlich eine Anwesenheitspflicht vorgesehen.

Aufgrund der Einwände des BDZ soll in der Verordnungsbegründung nun klargestellt werden, dass die Genehmigung des Urlaubs weiterhin durch die Hauptzollämter erfolgt und der Fachbereich Finanzen hier nicht involviert ist.

Auswahlverfahren

Besetzung der Auswahlkommission: Kommission sollte aus mehr als zwei Personen bestehen

Eine Auswahlkommission besteht laut Entwurf aus einer Beamtin oder einem Beamten des höheren Dienstes, die den Vorsitz wahrnehmen, und aus einer oder drei weiteren Personen, die erfahrene Beamtinnen und Beamten des gehobenen Dienstes sind, als Beisitzerin oder Beisitzer. Voraussichtlich werden Auswahlkommissionen zukünftig in der Regel aus lediglich zwei Personen bestehen. Das BMF begründet die Regelung mit entsprechenden positiven Erfahrungswerten während der Corona-Zeit. Es bleibt abzuwarten, wie häufig zukünftig der/die Vorsitzende in Zweier-Gremien den Beisitzer/die Beisitzerin überstimmt.

Gewichtung der mündlichen und schriftlichen Anteile

Für die Einstellung von Anwärterinnen und Anwärtern wird eine Rangfolge anhand des Gesamtergebnisses des mündlichen und schriftlichen Auswahlverfahrens gebildet, wobei sich das Gesamtergebnis des Auswahlverfahren aus dem mündlichen und schriftlichen Auswahlverfahren zusammensetzt. Hierbei geht das Ergebnis des schriftlichen Teils mit 20 % und das Ergebnis des mündlichen Teils mit 80 % ein.

Aus Sicht des BDZ erscheint es fraglich, ob trotz der geringen Berücksichtigung der schriftlichen Ergebnisse ein ausreichendes Niveau der ausgewählten BewerberInnen sichergestellt wird. Sollte sich zukünftig die geringe Gewichtung des schriftlichen Auswahlverfahrens als nicht praktikabel darstellen, müsste die Verordnung in diesem Punkt aktualisiert werden.

Berufsbezeichnung Finanzwirt: Auch frühere Absolventinnen und Absolventen müssen einen Titel haben

Es ist zu begrüßen, dass Absolventinnen und Absolventen des mittleren Dienstes, welche die Laufbahnprüfung erfolgreich bestanden haben, künftig die Berechtigung erhalten, die Berufsbezeichnung „Finanzwirtin“ oder „Finanzwirt“ zu führen. Hierdurch erlangt die Laufbahnausbildung die Bedeutung, die sie verdient und es wird eine langjährige Forderung der BDZ Jugend umgesetzt.

Mit der Forderung, auch früheren Absolventinnen und Absolventen die Führung des Titels zu ermöglichen, konnte sich der BDZ in dem Gespräch zunächst nicht durchsetzen. Wir werden diese Forderung jedoch weiterverfolgen und uns dafür einsetzen, dass eine entsprechende Regelung im Erlasswege getroffen wird.

Neuregelungen bringen insgesamt erhöhten Personalaufwand

Aus Sicht des BDZ sind mit der Neuregelung zahlreiche Aufgaben und damit ein erhöhter Personalaufwand verbunden, der in dem aktuellen Entwurf nicht zum Ausdruck kommt. Die Reform von Diplomstudiengängen zu Bachelor-Studiengängen in der öffentlichen Verwaltung des Bundes ist zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings müssen die erhöhten Belastungen für das Lehrpersonal angemessen kompensiert werden, um sicherzustellen, dass die Umstellung erfolgreich gestemmt werden kann. Nur so kann eine qualitativ hochwertige Ausbildung gewährleistet werden. Da die Modularisierung zahlreiche neue Aufgaben erfordert, steht zu befürchten, dass die Reform genutzt wird, um über die defizitäre Personalausstattung hinwegzutäuschen. Denn obwohl sich die Anzahl der neueinzustellenden Nachwuchskräfte im gehobenen Dienst in den letzten zehn Jahren erfreulicherweise verdreifacht hat, hat sich die Anzahl der Lehrenden an der Hochschule nicht signifikant erhöht.

So findet beispielsweise der Mehraufwand für zusätzliche Transferveranstaltungen, die Korrektur von Prüfungsleistungen, die Bearbeitung einer steigenden Zahl von Einsprüchen und Anerkennung von Prüfungsleistungen, und die Durchführung von zwei statt einem Auswahlverfahren pro Jahr aus Sicht des BDZ keine ausreichende Berücksichtigung im Entwurf. Das BMF verwies darauf, dass im Rahmen der KLP eventuell nachgesteuert wird. Man sei sich der Personalunterdeckung bewusst und trotz der angespannten Haushaltslage bestrebt, eine Erhöhung der Stellenbemessung zu erreichen.

Evaluation muss zeitnah erfolgen

Aus Sicht des BDZ ist zeitnah eine Bestandsaufnahme zur Umsetzung der neuen Regelungen erforderlich. Das BMF sagte zu, dass im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit zeitnah eine Bestandsaufnahme zusammen mit den BDZ-geführten Personalvertretungen erfolgen wird.

Insgesamt bedarf es eine verbindliche Beteiligung der zuständigen Personalvertretungen. Dies betrifft zum einen die berufspraktische Ausbildung an den Ausbildungsbehörden. Zum anderen sieht der aktuelle Entwurf vor, dass sich der Fachbereich Finanzen die Regeln zum Thema Qualitätsmanagement selbst gibt. Dass daran keine außenstehende Instanz mit einbezogen werden soll, erscheint nicht nachvollziehbar und ist für moderne QM-Verfahren auch unüblich. Gerade hier muss später ggf. der Finger in die Wunde gelegt werden können, denn auch die beste Akkreditierung und Zertifizierung hilft nicht weiter, wenn die gelebte Pädagogik aufgrund von Engpässen im Realbetrieb zu kurz kommt.

 
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