Böse Bescherung mit dem Bundeshaushalt 2024?
Grinch-Weihnachten für den Zoll
Nicht nur im ganzen Land, sondern auch beim Zoll herrscht Investitionsstau. Der Staat sei „voll handlungsfähig“, betonte Bundesfinanzminister Lindner. In der Realität gefährdet jedoch die von der kriselnden Koalition angekündigte vorläufige Haushaltsführung für das Jahr 2024 akut den Dienstbetrieb beim Zoll. Der BDZ hatte vor dieser Entwicklung gewarnt.
Seit Wochen ist die öffentliche Berichterstattung dominiert von der politischen Debatte über die fehlenden 17 Milliarden Euro für den Bundeshaushalt 2024. Denn diese stellen infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 15.11.2023, das kreditfinanzierte Mittel in Höhe von 60 Milliarden Euro für den „Klima- und Transformationsfonds“ längerfristig entfallen lässt, zunächst das kleinere und kurzfristig zu füllende „Loch“ im Staatsbudget dar. Da über Wochen keine politische Einigkeit bestand, wie diese Lücke geschlossen werden soll, hatte die Bundesregierung eine vorläufige Haushaltsführung für das Jahr 2024 angekündigt. Nach Art. 111 des Grundgesetzes können bis zum Inkrafttreten eines Haushalts im folgenden Jahr nur Ausgaben zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen bzw. bereits beschlossener Maßnahmen geleistet werden. Am 13.12.2023 hatten sich die Ampel-Spitzen auf einen Kompromiss geeinigt, so dass der Bundestag nach Folgeberatungen spätestens im Januar einen neuen Haushalt verabschieden könnte. Da der erzielte Kompromiss jedoch nur wenige Tage hielt, bis erneuter Dissens über die Einzelheiten der geplanten Kürzungen aufkam, hat der Regierungssprecher am 18.12.2023 bestätigt, dass die Regierung „fest entschlossen“ sei, die Einigung umzusetzen.
Wir ordnen ein, was dies nun für Zoll und Bundesfinanzverwaltung bedeutet.
BDZ: Zoll-Agrardieselstellen sind kein Spielball der Ampel!
Kurzfristig angekündigt wurde als Bestandteil des Haushalts-Sparpakets vom 13.12. der Wegfall der Agrardieselentlastung für Landwirte. Rund 130 Beschäftigte der Zollverwaltung an den Dienstorten Cottbus, Löbau, Neubrandenburg, Passau und Selb, die diese Anträge bearbeiten, wären hiervon betroffen. Diese Kolleginnen und Kollegen haben, wie der BDZ, nur aus der Presse von den Plänen erfahren. Für uns ist klar: Wir lassen uns auf diese Weise nicht überrumpeln. Die Beschäftigten der Hauptzollämter im Bereich der Energiesteuer nehmen täglich riesige Summen an Geldern für den deutschen Staat ein. Welche Absurdität, nun als Spielball der Ampel für Schnellschüsse in nächtlichen Haushaltssitzungen herhalten zu müssen! Der inakzeptable Umgang mit den Landwirtinnen und Landwirten, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, trifft im selben Maß auf Zöllnerinnen und Zöllner zu - wie der BDZ-Bundesvorsitzende Thomas Liebel gegenüber der Rheinischen Post betonte.
Sofern die Regierung trotz des massiven öffentlichen Widerstands und angesichts der Kritik des eigenen Bundeslandwirtschaftsministers an der Entscheidung festhält, muss eine verlässliche Perspektive für die Beschäftigten unter enger Einbindung der Personalvertretungen gefunden werden. Denn es handelt sich hier um Beschäftigte an der ehemaligen Drittlandsgrenze mit einer sehr hohen Altersstruktur, denen diese administrative Aufgabe schon zu früheren Zeiten als sozialverträgliche Maßnahme übertragen wurde. Da die Steuerbegünstigung für Agrardiesel in allen EU-Staaten weiterhin praktiziert wird, wird ohnehin deutlich, dass hier eine wichtige Funktion für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ausgeübt wird. Wenn Bundesfinanzminister Lindner etwas Sinnvolles zur Erhöhung der Staatseinnahmen unternehmen will, sollte er lieber in ausreichend Personal bei der Zollverwaltung investieren und den Bürokratieabbau im Verbrauchsteuerbereich voranbringen. Denn damit hat der Zoll als Einnahmeverwaltung weiterhin schwer zu kämpfen.
BBF-Planstellen gleichen Ausverkauf der Zollverwaltung
Niemand weiß, was die Regierung angesichts der dramatischen Haushaltslage mit Blick auf die Stellensituation im öffentlichen Dienst entscheiden wird. Aus heutiger Sicht kann der BDZ allerdings weiter an dem großen Erfolg festhalten, der in der Abwendung der pauschalen Stelleneinsparung für die gesamte Bundesfinanzverwaltung besteht. Noch bis zum Herbst dieses Jahres hatte die Regierung eine globale Einsparung von 1,5 Prozent der Planstellen in den Geschäftsbereichen, d.h. Ministerien und nachgeordneten Behörden, der Exekutivverwaltung vorgesehen. Nur die Bereiche mit Sicherheitsaufgaben waren ausgenommen. Da für uns stets widersprüchlich war, weshalb man die Einnahmeverwaltung des Bundes (Sachgebiete B, D, Binnenzollämter etc.) Kürzungen unterwerfen will, hatten wir in vielen Gesprächen gegen diesen Schritt protestiert. Infolge u.a. einer persönlichen Unterredung des BDZ-Bundesvorsitzenden Thomas Liebel und der stellv. BDZ-Bundesvorsitzenden Kati Müller mit dem geschiedenen Staatssekretär Werner Gatzer, der inzwischen öffentlich bekannt gewordenen Schlüsselfigur für die Haushaltsplanung, konnte dieser Irrweg gestoppt werden.
Auch der Zulaufvermerk von 1.157 Planstellen – dies sind Stellen für die Einstellung von Anwärter/innen und für Zusatzaufgaben wie der Geldwäschebekämpfung – sind nach unserem Informationsstand gesichert. Ob diese Stellen tatsächlich im Bundeshaushalt 2024 enthalten sind, kann aber erst verbindlich gesagt werden, wenn er vorliegt. In einem persönlichen Gespräch warnte der BDZ-Bundesvorsitzende Thomas Liebel den Bundesfinanzminister Christian Lindner bereits davor, an dieser Stelle eine Rolle rückwärts zu machen.
Schon vor dem Urteil aus Karlsruhe war es der Plan des BMF, ca. 160 Stellen aus dem Personalhaushalt der Zollverwaltung für den Aufbaustab des neuen Bundesamts zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) heranzuziehen. Der BDZ hatte sich an die Haushaltspolitiker/-innen aller Bundestagsfraktionen gewendet, um dies zu verhindern. Ohne einen vorliegenden Haushalt ist hier das finale Wort zwar noch nicht gesprochen. Jedoch droht einzutreten, was wir nicht bereit sind zu akzeptieren: Die Errichtung des BBF geht zu Lasten der Zollverwaltung und insbesondere jener Teile, die im Vollzug und der Kriminalitätsbekämpfung dringend gebraucht werden. Das ist nichts anderes als ein Ausverkauf der Zollverwaltung. Unter diesen Voraussetzungen kann der BDZ das Vorhaben, das ohnehin Nachbesserungen bedarf, nicht unterstützen.
Dienstbetrieb auf Sparflamme wird Realität
Die Ampel-Koalition hat für das kommende Jahr eine Erhöhung des Bürgergelds beschlossen, die einen Mehrbetrag von rund 3 Milliarden Euro ausmacht. Dieser Differenzbetrag allein entspricht in etwa dem gesamten Etat der Zollverwaltung und offenbart, wo die Regierung ihre Prioritäten sieht. Weitaus geringere Geldbeträge für Sachausstattung, die u.a. zur Gewährleistung der Sicherheit unserer Kollegen/-innen im Einsatz dienen, werden hingegen nicht zur Verfügung gestellt: So wurde die Titelgruppe für Ausstattungs- und Ausrüstungsgegenstände (z.B. Schutzwesten, Funktechnik, Waffen) gegenüber dem von der Generalzolldirektion angemeldeten Bedarf um satte 59 Prozent gekürzt. Überfällige Digitalisierungsprojekte für die Modernisierung der Zollverwaltung werden weiter verschoben. Dies betrifft IT-Vorhaben in der Steuerverwaltung, aber auch Spezialsoftware der Fahndung, beispielsweise zur Entschlüsselung kryptierter Kommunikation in der organisierten Kriminalität.
Im September hatte der BDZ gewarnt, dass der Regierungsentwurf für den Haushalt 2024 den Dienstbetrieb für das nächste Jahr gefährdet und die inakzeptablen Einsparungen bei Ausstattung und IT aufgeführt. Eine vorläufige Haushaltsführung bedeutet nun, dass für diese Posten keine konkreten Planungen gemacht und keine Beschaffungsvorgänge ausgelöst werden können. Der Zeitpunkt, bis Material und Ausrüstung dann vorhanden sind, verlagert sich nach hinten. Währenddessen rückt für die Kolleginnen und Kollegen im Sachgebiet C die Zusatzaufgabe näher, den Objekt- und Wachschutz für Liegenschaften des BMF zu übernehmen und zusammen mit der Bundespolizei die Ostgrenze gegen irreguläre Migration zu patrouillieren. Wie das dauerhaft ohne moderne Dienst-Kfz und erforderliche Führungs- und Einsatzmittel gehen soll, bleibt ein Rätsel.
Haushalt verfassungskonform, Besoldung verfassungswidrig
Der Bundesfinanzminister hatte geäußert, auch ohne Verabschiedung des Bundeshaushalts bekomme jeder weiterhin sein Gehalt ausgezahlt. Dies mag formell richtig sein. Man kann nur hoffen, dass das angesichts der dramatischen personellen Lage bei den Besoldungsstellen und Service-Centern auch so bleibt. Denn die Zahlbarmachung der Ruhegehaltfähigkeit der Polizeizulage ist bei den Mehraufwänden noch nicht berücksichtigt. Diese wird nun weiter erschwert: Das Bundesverwaltungsamt hat ein entsprechendes Amtshilfeersuchen seitens der Generalzolldirektion zur Unterstützung bei der Bewältigung dieser bürokratischen Herkulesaufgabe abgelehnt – wir berichteten!
Vor allem übersieht die Aussage des Ministers, dass die Besoldung der Beamtinnen und Beamten des Bundes weiterhin nicht den Grundsätzen der amtsangemessenen Alimentation entspricht. Das Bundesministerium des Innern verschleppt die Einbringung des Gesetzentwurfs für ein Besoldungsangemessenheitsgesetz, dass endlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 umsetzen würde. Dieses wurde auch in der letzten Sitzungswoche des Deutschen Bundestages im Jahr 2023 nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Die Anforderungen an das Gesetz haben sich inzwischen weiter erhöht, da der Abstand der Besoldung zum Sozialleistungsniveau infolge der o.g. Anhebung des Bürgergelds erneut geschrumpft ist. Das muss zwingend ausgeglichen werden. Je länger das Angemessenheitsgesetz nicht kommt, desto mehr muss hier am Ende nachgezahlt werden. Aus Sicht des BDZ und des dbb beamtenbund und tarifunion ist völlig klar: Sofern die Bundesregierung sich nicht erneut in Karlsruhe treffen möchte, muss sie hier schleunigst liefern.
Der BDZ wünscht allen Kolleginnen und Kollegen, Mitgliedern und Mitstreitenden trotz dieser trüben Aussichten eine gesegnete Weihnachtszeit – ohne Besuch des Grinch im privaten Umfeld…