#Geschlechtergerechtigkeit: Da geht noch mehr!
Gleichberechtigte Gesellschaft – Frauen gehen voran!
Engagierte Gewerkschafterinnen des BDZ, Mitglieder des Ständigen Ausschusses Frauen des BDZ sowie Gleichstellungsbeauftragte der Bundesfinanzverwaltung nahmen zusammen mit ihrem Bundesvorsitzenden, Dieter Dewes, am 3. Juni 2019 in Berlin an der 15. Frauenpolitische Fachtagung der dbb bundesfrauenvertretung zum Thema: „Geschlechtergerechtigkeit: Da geht noch mehr!“ teil.
Die Tagung gab eine eindrucksvolle Standortbestimmung zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern, Fakten zur rechtspolitischen Entwicklung aus erster Hand und wertvolle Impulse für eine gleichberechtigte Gesellschaft. Den politischen Akteuren muss es ernsthaft zu denken geben, dass zum ersten Mal seit 1949 der Frauenanteil im Bundestag (aktuell 30,9 Prozent) und zahlreichen Landesparlamenten rückläufig ist. Immer häufiger wird die Geschlechterdiskriminierung durch rechtspopulistische Kräfte gegen staatliche Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen befeuert. Helene Wildfeuer stellte klar: „Wer den Gleichstellungsgrundsatz angreift, stellt unsere demokratischen Grundwerte in Frage und verletzt Menschenrecht. Die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau herzustellen, ist ein zentraler Verfassungsauftrag für uns alle. Die weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst stehen im Dienste eines demokratischen Staates. Das verpflichtet uns, dagegenzuhalten.“
„Frauen können alles, das ist der Leitsatz, unter dem die Gleichstellungspolitik in meinem Haus steht“, betonte Juliane Seifert, seit März 2018 beamtete Staatsekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, in ihrer Begrüßung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Darin erwähnte sie Forderungen und Positionen, die auch der Ständige Ausschuss Frauen im BDZ vertritt: mehr Angebote zum Führen in Teilzeit, flexiblere Arbeitszeiten und bessere berufliche Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen. Wir brauchen neue Arbeitsformen, die auch zum Leben passen.
Ihr folgte Ulrich Silberbach, dbb Bundesvorsitzender, mit seinem Grußwort. Dabei forderte er mehr Einsatz und politischen Willen bei der Umsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern. Trotz jahrzehntelangen Bemühungen sei man – auch im öffentlichen Dienst – noch lange nicht am Ziel, kritisierte der dbb Chef.
Mit einem sehr vertieften Vortrag „Gleichstellung steuern über das Steuerrecht – Was brauchen wir?“ eröffnete Dr. Ulrike Spangenberg, den Fachteil der Tagung. Sie machte deutlich, dass das Ehegattensplitting und das Lohnsteuererhebungsverfahren nicht verwechselt werden dürfen. Das größte Problem des Ehegattensplittings sei, das es verhindere, dass Frauen nach der Familienpause wieder ins Erwerbsleben einsteigen. Dies verschlechtere ihre Einkommenschancen und verfestige die geschlechterbedingten Einkommensunterschiede. Der Vortrag machte deutlich: Gleichstellung muss über den gezielten Einsatz von Steuergeldern vorangetrieben werden.
Prof. Dr. Silke Ruth Laskowski von der Universität Kassel zeigte Wege zur Parität in der Politik auf. Wie gelingt Gleichstellung in den Parlamenten? Ein Paritätsgesetz zur Herstellung verfassungsgemäßer Zustände sei geboten. Im geltenden Wahlrecht fehlen Regelungen, die das passive Wahlrecht von Frauen, die tatsächliche Chancengleichheit von Kandidatinnen, herstellen und sichern – so wie es Art. 38 Abs. 1 S. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG fordern. Der Gesetzgeber habe sich bei seiner Einschätzung und Bewertung an der politischen Wirklichkeit zu orientieren. Denn auch 100 Jahre nach Einführung des Wahlrechts für Frauen, mit dem Frauen als hälftiger Teil des Volkes und Souveräns sichtbar wurden, fehlt es immer noch an ihrer gleichberechtigten demokratischen Teilhabe. Bei der Mitwirkung der politischen Willensbildung des Volkes durch Wahlen kommt die Hälfte des Volkes zu kurz. Es geht um das verfassungsrechtlich verbürgte Recht von Frauen, in gleichem Maße wie Männer nominiert werden zu können – es geht um die tatsächliche Chancengleichheit von Kandidatinnen (Art. 38 Abs. I, Art, 3 Abs. II GG). In allen Parteien fehlen Regelungen für Direktmandate (Wahlkreise). Die Statistik zeigt, dass Frauen viel seltener von Parteien nominiert werden als Männer. Aktuell wird das Volk in Gestalt der wahlberechtigten Bürgerinnen mit seinen gesellschaftspolitischen Perspektiven und Interessen nicht angemessen in den Parlamenten repräsentiert und "gespiegelt". Bürgerinnen können so politisch kaum wirksam Einfluss auf das staatliche Geschehen, auf Wahlen in der Kommune, in ihrem Bundesland und im Bundestag nehmen. Dabei ist das Recht auf gleichberechtigte demokratische Teilhabe für Kandidatinnen und ihre Aufstellung nach dem Grundgesetz zu sichern. Die Verfassung steht einem paritätischen Wahlrecht nicht entgegen. Offensichtlich besteht unter Einbeziehung der Verhältnismäßigkeit und der Abwägung kollidierender Verfassungsgüter kein absolutes Verbot von Eingriffen in die Parteienfreiheit. Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl und die im Grundgesetz verankerte Stellung der politischen Parteien werden nicht beeinflusst. Die verfassungsrechtlichen Gründe zur Herstellung der Chancengleichheit von Frauen und deren Schutz vor struktureller Diskriminierung überwiegen. Dem wäre dann auch bei Personalrats- und Gewerkschaftswahlen zu folgen. Insgesamt ist auf eine rechtliche Klarstellung zu hoffen, die Prof. Dr. Silke Ruth Laskowski offensiv angeht.
Zum Abschluss der Veranstaltung erörterten die Teilnehmerinnen im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Heike Hempel, seit 2008 Leiterin der ZDF Hauptredaktion Fernsehfilm/ Serie II, mit Elisabeth Motschmann, seit 2013 Bundestagsabgeordnete der Fraktion der CDU/CSU, mit Beate Müller- Gemmeke, seit 2009 Bundestagsabgeordnete der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie mit der Gastgeberin Helene Wildfeuer wie es um die Gleichstellung im öffentlichen Dienst steht und wie sich Frauen ihrer Rechte ermächtigen können.
Mit dem Zitat der Autorin Iris Bohnet: „Nicht die Frauen müssen sich ändern, sondern die Spielregeln!“ beendete Helene Wildfeuer eine wieder sehr gelungene und informative Fachtagung.
Unser Fazit der Veranstaltung: Es ist Zeit zu handeln und die rechtlichen Herausforderungen anzunehmen.
Mehr zur 15. Frauenpolitische Fachtagung der dbb bundesfrauenvertretung „Geschlechtergerechtigkeit: Da geht noch mehr!“ am 3. Juni 2019 im dbb forum berlin unter www.frauen. dbb.de.