Neustart für Deutschland
Was die Pläne von Union und SPD für den Zoll bringen?!
Die künftige schwarz-rote Koalition hat sich geeinigt: CDU/CSU und SPD haben am 9. April einen Koalitionsvertrag vorgestellt. Der Koalitionsvertrag bringt sowohl Positives als auch Herausforderungen für den Zoll mit sich. „Jetzt muss mit Tempo an die Umsetzung gegangen werden, denn der Zoll und weitere Bereiche der Bundesfinanzverwaltung wurden in den letzten Jahren kaputtgespart und mit Aufgabenzuwächsen überstrapaziert“, mahnt BDZ Bundesvorsitzender Thomas Liebel. Welche Chancen bieten die Vorhaben von Union und SPD für die Zollverwaltung. Wir geben einen Überblick.
Der Koalitionsvertrag sieht unter dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ zahlreiche Regelungen vor, mit denen die „Neustart-Koalition“ auf die aktuellen Herausforderungen reagieren will. Für den öffentlichen Dienst und insbesondere den Zoll sind im Rahmen einer Kurzanalyse folgende Zielsetzungen von Schwarz-Rot hervorzuheben. In der kommenden Ausgabe des BDZ Magazins werden wir das Regierungsprogramm von CDU/CSU und SPD umfassend aus gewerkschaftlicher Sicht aufbereiten.
Stellenabbau bei der Bundesverwaltung
CDU/CSU und SPD streben eine Konsolidierung des Bundeshaushalts an. Als Beitrag zur Haushaltskonsolidierung wollen sie einen Stellenabbau in der Bundesverwaltung um acht Prozent (zwei Prozent pro Jahr) erreichen. Hiervon sollen allerdings die Sicherheitsbehörden ausgenommen sein.
Aus Sicht des BDZ darf der Zoll nicht in den geplanten Stellenabbau einbezogen werden. Dies gilt zum einen unter dem Aspekt, dass der Zoll ein integraler Bestandteil der Sicherheitsarchitektur des Bundes ist und somit unter die im Koalitionsvertrag genannte Ausnahme für Sicherheitsbehörden fällt. Zum anderen würde ein Zusammensparen der eigenen Einnahmeverwaltung dem erklärten Ziel einer Haushaltskonsolidierung zuwiderlaufen. Unabhängig davon, welcher Einzelbereich betroffen wäre: jede Sparmaßnahme würde sich als kontraproduktiv im Hinblick auf die von den Koalitionären formulierten Ziele einer Haushaltskonsolidierung und einer Gewährleistung der äußeren und inneren Sicherheit erweisen.
Modernisierung des öffentlichen Dienstrechts
Das öffentliche Dienstrecht soll grundlegend reformiert werden. Im Koalitionsvertrag werden hier u.a. die folgenden Punkte genannt.
- Öffnung der starren Einstiegs- und Qualifikationsvoraussetzungen für die Verwaltungslaufbahnen für andere Fachrichtungen
- Vereinfachung des Laufbahnwechsels
- Karrierewege und Vergütungsmodelle sollen auf leistungsorientierte Komponenten, höhere Entscheidungsfreude und Beiträge zur Entbürokratisierung ausgerichtet werden
- Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft Rotation von Personal zwischen Bund, Ländern, Kommunen und der EU
Aus Sicht des BDZ eröffnet sich damit die Möglichkeit, die vom BDZ gemachten Vorschläge zur Laufbahndurchlässigkeit endlich gesetzgeberisch auf den Weg zu bringen. Der BDZ fordert seit Langem immer wieder, eine umfassende Modernisierung der Bundeslaufbahnverordnung vorzunehmen. Insbesondere sollte dabei die Schaffung durchlässigerer und flexiblerer Laufbahnsysteme angestrebt werden. Die Förderung der Erfahrungswerte unserer Kolleginnen und Kollegen ist angesichts der demografischen Entwicklung überfällig.
Stärkung und Kompetenzerweiterung der Sicherheitsbehörden
Der Koalitionsvertrag enthält verschiedene Maßnahmen, mit denen die Sicherheitsbehörden einschließlich des Zolls gestärkt werden sollen.
Stärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit
Die Koalition will die Finanzkontrolle Schwarzarbeit stärken und so härter gegen diejenigen vorgegangen werden, die illegale Beschäftigung betreiben oder schwarzarbeiten. Gleichzeitig sollen damit Mehreinnahmen erzielt werden.
Geldwäschebekämpfung und Zollfahndung
Geldwäsche und Finanzkriminalität sollen entschieden bekämpft werden. Dazu sollen die Kompetenzen des Bundes im Bereich der Finanzkriminalität gebündelt werden. Im Hinblick auf die nächste Prüfung der Financial Action Task Force (FATF) sollen entscheidende Verbesserungen bei der Geldwäschebekämpfung vorgenommen werden.
- Verbesserung des Austauschs und der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern im Bereich der Geldwäsche sowie mit nationalen und internationalen Organisationen, der EU und der europäischen Aufsichtsbehörde AMLA verbessern.
- Sind ein oder mehrere wirtschaftlich Berechtigte nicht zu ermitteln, so dürfen Rechtsgeschäfte juristischer Personen, die den Betrag von 10.000 Euro netto überschreiten, von geldwäscherechtlich Verpflichteten nicht getätigt werden.
- Die bestehenden Vermögenseinziehungsinstrumente werden fortentwickelt und um ein Einziehungsverfahren für Vermögensgegenstände ungeklärter Herkunft erweitert.
- Schaffung eines administrativen, verfassungskonformen Vermögensermittlungsverfahrens mit dem Ziel, verdächtige Vermögensgegenstände von erheblichem Wert sicherzustellen, bei denen Zweifel an einem legalen Erwerb nicht ausgeräumt werden können (Suspicious Wealth Order).
- Strafrechtliche Vermögensabschöpfung: es soll geregelt werden, dass beim Einziehen von Vermögen unklarer Herkunft künftig eine vollständige Beweislastumkehr gilt, und es wird die Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Optimierung des Rechts der Vermögensabschöpfung umgesetzt.
Erweiterte Befugnisse der Sicherheitsbehörden
Die Sicherheitsbehörden sollen in einer zunehmend digitalisierten Welt zeitgemäße, digitale Befugnisse erhalten, um den heutigen sicherheitspolitischen Herausforderungen begegnen zu können.
- Einführung einer verhältnismäßigen und europa- und verfassungsrechtskonformen dreimonatigen Speicherpflicht für IP-Adressen und Portnummern, um diese einem Anschlussinhaber zuordnen zu können.
- Im Rahmen ihrer begrenzten Zuständigkeit wird der Bundespolizei zur Bekämpfung schwerer Straftaten die Quellen-TKÜ ohne Zugriff auf retrograd gespeicherte Daten ermöglicht.
- Für bestimmte Zwecke sollen unsere Sicherheitsbehörden, unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben und digitaler Souveränität, die automatisierte Datenrecherche und -analyse sowie den nachträglichen biometrischen Abgleich mit öffentlich zugänglichen Internetdaten, auch mittels Künstlicher Intelligenz, vornehmen können.
- zu Strafverfolgungszwecken soll der Einsatz von automatisierten Kennzeichenlesesystemen im Aufzeichnungsmodus erlaubt werden.
Der BDZ begrüßt den Willen der Koalition zur Stärkung der Sicherheitsbehörden, der in den genannten Maßnahmen zum Ausdruck kommt. Viele der Maßnahmen wurden vom BDZ wiederholt gefordert. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Ansätze für eine verbesserte Geldwäschebekämpfung. Der BDZ wird sich dafür einsetzen, dass die Zollverwaltung als wichtiger Bestandteil der Sicherheitsverwaltung so weit wie möglich von der geplanten Ausweitung von Kompetenzen profitiert. Von der erfolgreichen Umsetzung dieser Änderungen wird maßgeblich abhängen, wie effizient der Zoll in Gänze auf diese neuen Anforderungen reagiert. Dazu braucht es massive Investitionen in Personal, Digitalisierung und Einsatzmaterial. Ein Finanzierungsvorbehalt für die dringend benötigten Investitionsmaßnahmen scheidet aus. Sicherheit und Stabilität bei Vereinnahmung der Staatsfinanzen gibt es nicht zum Nulltarif!