Europawahl 2024

Parteien positionieren sich zu Wahlprüfsteinen des BDZ

In den kommenden Wochen werden die Wählerinnen und Wähler nicht nur von Wahlkampfveranstaltungen und Plakaten umworben. Viele Verbände, Gewerkschaften und Initiativen nutzen die erhöhte Aufmerksamkeit vor der Europawahl auch, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. So hat auch der BDZ den zur Wahl stehenden Parteien sogenannte "Wahlprüfsteine" zugeschickt. Heute veröffentlichen wir die Antworten.

14. Mai 2024

Wahlprüfsteine sind Fragenkataloge, mit denen parteipolitisch unabhängige Organisationen, wie der BDZ, die Positionen der Parteien zu bestimmten Themen abfragen möchten. Sie sind deshalb bewusst als Prüfsteine, nicht als Forderungen formuliert. Die Antworten der Parteien sollen Wählerinnen und Wählern einen vergleichenden Überblick darüber geben, wo die Parteien inhaltliche Schwerpunkte setzen und welche Ziele sie im Falle eines Wahlerfolgs verfolgen würden.

Der BDZ hatte den Parteien Wahlprüfsteine übersandt, die sich auf das neue Verfahren der Einreichung der Wahlprüfsteine in standardisierter Form über ein Online-Formular verständigt hatten. Dieses Verfahren sah die Einreichung von bis zu acht Fragen mit maximal 300 Zeichen bis spätestens sechs Wochen vor der Europawahl am 09. Juni 2024 vor. Der BDZ hatte seine Wahlprüfsteine demzufolge am 26. März 2024 an die am Verfahren teilnehmenden Parteien CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP übersendet. 

An dieser Stelle veröffentlichen wir die vorliegenden Antworten, damit unsere Mitglieder genug Zeit haben, sich ein besseres Bild der Positionen der Parteien zu verschaffen. An dieser Stelle geben wir ebenfalls den Hinweis, dass eine ausführliche Analyse der Wahlprogramme aller zur Wahlen zum Europäischen Parlament antretenden Parteien, die in den Wahlumfragen mindestens 5 Prozent erreicht haben oder im Deutschen Bundestag vertreten sind, in der Mai-Ausgabe des BDZ magazin enthalten ist. Dabei haben wir uns auf zollpolitisch relevante Aspekte in den unten genannten Themenkomplexen fokussiert.

Der BDZ-Bundesvorsitzende Thomas Liebel richtet einen Appell an alle Gewerkschaftsmitglieder: „Die Herausforderungen für unser geeintes Europa sind so hoch wie nie zuvor. Wir brauchen ein starkes und freiheitliches Europa. Zeigen Sie bitte Flagge für unsere Demokratie. Nutzen Sie Ihre Stimme und gehen Sie wählen – so können wir gemeinsam über die Zukunft der Europäischen Union entscheiden."

Nachfolgend führen wir die Antworten der Parteien auf unsere Wahlprüfsteine auf. Ebenfalls finden Sie hier die von den Parteien übersandten Originaldokumente zum Download:

CDU/CSU - Antworten auf Wahlprüfsteine des BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft

SPD - Antworten auf Wahlprüfsteine des BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft

Bündnis 90/Die Grünen - Antworten auf Wahlprüfsteine des BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft

FPD - Antworten auf Wahlprüfsteine des BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft

 

Themenkomplex Zölle / Außenwirtschaft

1. Wie stehen Sie zur vorgeschlagenen EU-Zollrechtsreform, insb. Errichtung einer Zollagentur, eines Data-Hub, der Abschaffung der Zollfreigrenze für Einfuhrsendungen (bei Warenwert bis 150 Euro), sowie zusammenhängenden Rechtsänderungen im E-Commerce (z.B. Einführung „deemed importer“)?

CDU/CSU: CDU und CSU drängen auf die Umsetzung der EU-Zollrechtsreform. Die geplante Einrichtung einer EU-Zollbehörde muss einen spürbaren europäischen Mehrwert liefern und darf nicht zu zusätzlicher Bürokratie führen. Kompetenzverschiebungen – insbesondere exekutiver Art – von den EU-Mitgliedstaaten auf die europäische Ebene sollten ausgeschlossen werden. Die Zollfreigrenze von 150 Euro kann bei Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen (B2B) sowie zwischen Unternehmen und Verbrauchern (B2C) ganz entfallen, wenn eine entsprechende Reduktion des Verwaltungsaufwands durch eine stärkere Automatisierung ermöglicht wird. Bei Geschäftsbeziehungen zwischen Verbrauchern (C2C) sollte die Zollfreigrenze reduziert werden. CDU und CSU begrüßen die Inanspruchnahme von Online-Plattformen im Rahmen der Zollabwicklung für Importe aus Drittstaaten (sog. deemed importer).

SPD: Mündige Verbraucher*innen benötigen handlungsfähige Marktaufsichtsbehörden an ihrer Seite, die den Verbraucherschutz an die erste Stelle setzen. Denn den Verbraucher*innen darf nicht die alleinige Verantwortung für die Durchsetzung von Marktregeln auferlegt werden. Daher begrüßt die SPD, dass die neue Verordnung und die neu einzurichtende EU-Zollbehörde das europäische Risikomanagement und Zollkontrollen verbessern werden. Insbesondere die Neuerung Online-Plattformen, die Waren in das Zollgebiet der Union verkaufen, künftig als „angenommene Einführer“ zu bezeichnen, ist wichtig. Diese sind künftig dafür verantwortlich, dass Zölle und Steuern beim Kauf entrichtet und an nationale Behörden weitergeleitet werden. Darüber hinaus werden Plattformen nun Verkäufe im EU-Zolldatendrehkreuz protokollieren. Damit können Tätigkeiten des Zolls zielgerichteter durchgeführt und die Einfuhr von nicht-konformen Waren verhindert werden.

Bündnis 90/Die Grünen: Das EU-Parlament hat im März mit großer Mehrheit die Parlamentsposition der EU-Zollreform angenommen - an der wir GRÜNE aktiv mitgearbeitet haben. Die Reform zur Festlegung des Zollkodex der Union und zur Einrichtung der Zollbehörde der Europäischen Union, sowie die Rechtsänderungen im E-Commerce sind begrüßenswert, denn sie machen den Zoll fit für das Zeitalter von Onlineshopping. Ein gut aufgestellter Zoll ist entscheidend, um den Green Deal auf dem EU-Binnenmarkt durchzusetzen und gleichzeitig unsere hohen Verbraucher*innenschutzstandards sowie faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Die Grünen haben sich in den Verhandlungen besonders für mehr Transparenz durch die Veröffentlichung von nicht sensiblen Zolldaten, weniger versteckte Kosten für Verbraucher*innen sowie mehr Kooperation und Austausch zwischen den Zollbehörden eingesetzt.

FDP: Die Bestrebungen einer EU-Zollrechtsreform zur Vereinfachung, Modernisierung, Digitalisierung und Harmonisierung des Zollwesens unterstützen wir ausdrücklich. Neben den grundsätzlich begrüßenswerten Erwägungen für die Errichtung eines Data Hub und einer Zollagentur sowie vereinheitlichten Prüfungsstandards zur Betrugsvermeidung durch den E-Commerce-Boom und weiterer damit einhergehender Rechtsänderungen, wie der Abschaffung der Zollfreigrenze und der Einführung eines T&C Wirtschaftsbeteiligten, setzen wir uns jedoch für eine praxistauglichere Ausgestaltung der Zollrechtsreform ein, die für die Zollbeamten auch handhabbar und vollziehbar ist.

2. Wie ist Ihr Standpunkt zur personellen Stärkung nationaler Zollbehörden angesichts neuer EU-Vorgaben (z.B. CO2-Grenzausgleichssystem, Abfallverbringungsverordnung, Lieferketten-Richtlinie) und der Defizite bei der effektiven bzw. einheitlichen Sanktionsdurchsetzung im Außenwirtschaftsrecht? 

CDU/CSU (CDU und CSU beantworten unsere Fragen 2, 5 und 6 (s.u.) in einer gemeinsamen Antwort): Die Zollbehörden müssen personell, materiell und infrastrukturell angemessen ausgestattet sein. Wenn der Zoll wesentliche zusätzliche Aufgaben übernimmt, die eine Bearbeitung durch die Zöllnerinnen und Zöllner erfordern und ohne dass andere Aufgaben wegfallen, muss ihm mehr Personal gewährt werden. Dies würde eine höhere Kontrolldichte erlauben. Wichtig ist auch ein Abbau von bürokratischen Regelungen und eine Vernetzung zwischen den Mitgliedstaaten. Die jüngste Behandlung des Zoll und Umsatzsteuerbetrugs chinesischer Verkäufer im Finanzausschuss des Bundestags auf Drängen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verdeutlicht, vor welchen Herausforderungen wir stehen. Insbesondere die Lieferketten-Richtlinie dürfte die angespannte Situation beim Zoll verschärfen.

SPD: Wenn wir es ernst meinen, mit dem Schutz der Bürger*innen im Binnenmarkt, muss unser europäisches Recht, egal ob Produktsicherheit oder Kreislaufwirtschaft, an den Grenzen zum europäischen Binnenmarkt durchgesetzt werden. Nur so schaffen wir einen wettbewerbsfähigen Binnenmarkt, in dem europäische Unternehmen zu gleichen Bedingungen im Wettbewerb stehen, wie jene aus Drittstaaten. Dabei ist es bedauernswert, dass in den vergangenen Jahren von internationalen Großunternehmen Einfallstore in den Binnenmarkt geschaffen wurden, die auf Grund der schieren Masse an Einfuhren nicht mehr ausreichend kontrolliert werden kann. Dabei fallen im Binnenmarkt jedes Jahr tausende von nicht-konformen Produkten auf. Daher unterstützt die SPD die Stärkung der nationalen Zollbehörden, durch innovative und modernste Möglichkeiten wie Einbindung von KI aber auch durch die Stärkung von personellen Ressourcen.

Bündnis 90/Die Grünen: Wir begrüßen, dass mit der EU-Zollreform die systematischen Probleme des europäischen Zollsystems angegangen werden. So können auch unsere neuen europäischen Regeln, z.B. CO2-Grenzausgleichssystem, Abfallverbringungsverordnung, Lieferketten-Richtlinie effektiv durchgesetzt werden. Zusätzliche Vorgaben und Aufgaben müssen auch bei der personellen Aufstellung der nationalen Zollbehörden berücksichtigt werden.

FDP: Als FDP setzen wir uns bei der Umsetzung europäischer Vorgaben in nationales Recht grundsätzlich für digitale und bürokratiearme Lösungen ein. Dabei liegt uns insbesondere die 1:1 Umsetzung der Vorgaben am Herzen, um das europäische Level-Playing-Field zu wahren. Wertvolle Personalkapazitäten der Zollbehörden sollten unserer Auffassung nach für die Kernbereiche der ihnen übertragenen Hoheitsaufgaben eingesetzt werden und nicht für die Erfüllung meist ineffizienter und praxisferner Berichtspflichten.

Themenkomplex Steuern / Binnenmarkt

3. Welche Maßnahmen zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Behördenzusammenarbeit würde ihre Partei ergreifen um effektiver gegen Umsatzsteuerbetrug, Karussellbetrug und ähnliche Betrugsschemata vorzugehen?

CDU/CSU: Ab dem 1. Januar 2025 soll in Deutschland die sog. E-Rechnung verpflichtend genutzt werden. Aufgrund der erwarteten Herausforderungen für Unternehmen sind Übergangsregelungen bis 2027 vorgesehen. Die E-Rechnung wird seit einigen Jahren in Italien angewandt. Aufgrund guter praktischer Erfahrungen und Auswirkungen auf das Steueraufkommen bei der Umsatzsteuer und bei den direkten Steuern wird sie, auch durch die EU-Kommission, als Maßnahme mit viel Potenzial gewertet. Die E-Rechnung sollte auch auf EU-grenzüberschreitende Geschäftsvorfälle ausgeweitet werden.

SPD: Unsere Antwort auf Steuervermeidungsmaßnahmen muss unter anderem der weitere Beitrag zur Vervollständigung des Binnenmarktes sein. Nur durch die intensivierte Zusammenarbeit europäischer Behörden können Lücken geschlossen werden. Die Ausnutzung solcher Schlupflöcher funktioniert am besten, wo die Transparenz am geringsten ist. Hier wurde bereits durch die Richtlinie zur öffentlichen länderweisen Berichterstattung Einkommenssteuerinformationen ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt, da Konzerne offenlegen müssen, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften und Steuern zahlen. Steuerbetrug funktioniert am besten, wenn niemand davon etwas mitbekommt. Dem wollen wir auch in Zukunft entgegenwirken. Eine weitere Säule zur Transparenzerhöhung und Vermeidung etwaiger Betrugsfälle ist der Schutz von Whistleblower*innen, die oft eine Schlüsselfunktion bei der Aufdeckung solcher Betrugsfälle spielen. Wir wollen Steuergerechtigkeit und Steuerehrlichkeit. Verbrechen dürfen sich nicht lohnen.

Die Bündnis 90/Die Grünen: Die EU-Zollreform soll die Zusammenarbeit der europäischen Zollbehörden stärken. Eine neue EU-Zollbehörde soll dabei eine Datenzentrale schaffen und beaufsichtigen. Ziel ist ein stärker zentralisierter und digitalisierter Ansatz für den Zoll. Wir GRÜNE begrüßen diesen Schritt und setzen uns in den Verhandlungen für noch mehr Harmonisierung und weitergehende grenzüberschreitende Zusammenarbeit ein.

FDP: Der organisierte Mehrwertsteuerbetrug ist eng verbunden mit organisierter Geldwäsche, geht in der Regel auch mit Zollbetrug einher und erodiert den fairen Preiswettbewerb. Aus diesem Grund ist eine EU-weite Zusammenarbeit bei der Betrugsbekämpfung dringend geboten, um dem entgegenzuwirken und das erhebliche Schadensvolumen einzudämmen. Die verpflichtende Einführung von e-Invoicing in der EU ist ein begrüßenswerter erster Schritt zur Betrugsbekämpfung.

4. Die EU-weit überwiegend harmonisierten Verbrauchsteuern sind weiterhin durch ein hohes Gefälle an nationalen Steuersätzen gekennzeichnet, was den grenzüberschreitenden Schmuggel begünstigt. Welche Lösungsansätze würde ihre Partei gegen dieses Problem verfolgen?

CDU/CSU: Sowohl die Energiesteuer- als auch die Tabaksteuerrichtlinie werden derzeit innerhalb der EU überarbeitet. Ein Ziel sollte sein, die Mindeststeuersätze anzupassen. Ggf. könnte auch die Einführung von Höchstsätzen geprüft werden.

SPD: Auf europäischer Ebene gelten für bestimmte Güter wie Alkohol Verbrauchsteuern, bei denen es sich um Mindeststeuersätze zur Harmonisierung des Binnenmarktes handelt. Mindestsätze alleine können das Gefälle an nationalen Steuersätzen bzgl. der Verbrauchsteuern nicht aufheben, sondern lediglich sicherstellen, dass ein definiertes Mindestmaß nicht unterschritten wird. Eine Angleichung der Mindestsätze könnte helfen, dass der Schmuggel ein weniger attraktives Geschäft wird, die Steuerhoheit liegt allerdings bei den Mitgliedstaaten womit eine einstimmige Entscheidung nötig wäre. Ein weiterer Lösungsansatz ist das Vorgehen gegen Steuerbetrug. Dazu gibt es bereits das europäische „Excise Movement and Control System“, ein Kontrollsystem für verbrauchsteuerpflichtige Waren. Seit 2023 ist dieses Verbrauchsteuerverfahren digitalisiert, wodurch Informationen schneller ausgetauscht und somit Verbrauchsteuerbetrug besser entgegengewirkt werden kann.

Die Bündnis 90/Die Grünen: Um dem grenzüberschreitenden Schmuggel aufgrund der hohen Unterschiede der Verbrauchsteuer zwischen den EU-Mitgliedstaaten entgegenzuwirken, befürwortet unsere Partei drei vorrangige politische Maßnahmen:

1) Harmonisierung der Verbrauchsteuersätze: Wir sollten in der gesamten EU harmonisierte Verbrauchsteuersätze einführen, um Diskrepanzen zu verringern, die Schmuggelaktivitäten befeuern, und gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen gewährleisten.

2) Informationsaustausch und Zusammenarbeit: Wir wollen Mechanismen zum Informationsaustausch zwischen Ländern entwickeln, um Schmuggelrouten besser zu identifizieren und bei Durchsetzungsbemühungen zusammenzuarbeiten.

3) Aufteilung der Einnahmen: Wir sollten die Möglichkeit prüfen, Mechanismen zur Aufteilung der Einnahmen zwischen den Mitgliedstaaten einzurichten, um Anreize für die Einhaltung der Vorschriften zu schaffen und den Schmuggel zu unterbinden.

Abschließend sollte hinzugefügt werden, dass die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die negativen Auswirkungen des Schmuggels auf die Wirtschaft und Gemeinschaft von entscheidender Bedeutung ist, um die Beteiligung an illegalen Aktivitäten zu verhindern.

FDP: Unser Ziel ist es, effektive, aber auch praxistaugliche Maßnahmen zur Eindämmung von Verbrauchsteuerkriminalität zu schaffen. Hierbei geht es unseres Erachtens um das grundlegende Prinzip der Einhaltung von Verbrauchsteuerregelungen in der EU, unabhängig von national festgelegten Steuersätzen und einem möglichen Steuersatzgefälle zwischen den Mitgliedstaaten. Der Fokus sollte daher auf der effektiven Verhinderung und stärkeren Verfolgung von Betrugsfällen und grenzüberschreitendem Schmuggel liegen.

5. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um angesichts Zersplitterung nationaler Regelungen im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht eine effektivere Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten und Verhinderung von Abgabenbetrug durch die Kontrollbehörden (wie die FKS des deutschen Zolls) zu erreichen? 

CDU/CSU: Siehe Antwort zu Wahlprüfstein Nr. 2.

SPD: Wir setzen uns für eine einheitliche europäische Sozialversicherungsnummer und den digitalen Sozialversicherungspass ein. Die Reform der Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme muss den Sozialschutz mobiler Beschäftigter sicherstellen und Missbrauch wirksam bekämpfen. Zudem wollen wir erreichen, dass gegen Lohnraub, Lohn- und Sozialversicherungsbetrug entschiedener vorgegangen und durch Mindeststandards für Unterkünfte die unwürdige Unterbringung von mobilen Beschäftigten beendet wird. Wir wollen mehr nationale wie europäische Kontrollen, eine stärkere Koordinierung sowie die Ausweitung von Beratungsstellen erreichen, um die Lage der Arbeitnehmer*innen zu verbessern. Dazu gehören eine Ausweitung des Mandats der Europäischen Arbeitsbehörde. Diese muss auch für die Kontrolle von Beschäftigten aus Drittstaaten zuständig sein, Kontrollen eigenständig initiieren und hierzu personenbezogene Daten sammeln und verarbeiten können und Zugang zu bereits vorhandenen Datensammlungen erhalten.

Bündnis 90/Die Grünen: Damit Freizügigkeit für alle Arbeitnehmer*innen funktioniert, ist ein wirksamer Schutz vor Ausbeutung unerlässlich. Scheinselbstständigkeit sowie Lohn und Sozialdumping müssen bekämpft werden. Arbeitsinspektionen müssen vermehrt und das Personal hierfür aufgestockt werden. Auch eine bessere Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden und der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) ist nötig. Das Mandat der ELA sollte auf Drittstaatsangehörigkeit ausgeweitet werden. Um missbräuchliche Praktiken von Subunternehmen zu unterbinden, sollte die gesamtschuldnerische Haftung rechtlich verankert werden. Wir wollen eine Verpflichtung zu angemessener Unterbringung rechtlich absichern und wirksam durchsetzen, um Arbeiter*innen vor katastrophalen Bedingungen zu schützen. Zudem setzen wir uns dafür ein, dass sich Betroffene einfacher und in der eigenen Sprache über ihre Rechte informieren können – und für deren Durchsetzung Hilfe erhalten.

FDP: Der Zoll leistet wichtige Arbeit bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit, illegaler Beschäftigung und Finanzkriminalität. Daher ist es von enormer Bedeutung, dass wir den Zoll moderner und digitaler aufstellen, damit er Schwarzarbeit und Finanzkriminalität noch effizienter verfolgen kann. Dafür sollen die notwendigen Aus- und Weiterbildungskapazitäten geschaffen werden. Zudem braucht es IT-Verfahren, die die Arbeit der Zöllnerinnen und Zöllner im Umgang mit den enormen Datenmengen erleichtern. Darüber hinaus wollen wir bürokratieärmere Verfahren umsetzen.

Themenkomplex Kriminalitätsbekämpfung 

6. Die europäischen Seehäfen haben sich zum Einfallstor organisierter Rauschgiftkriminalität, oft unterstützt durch sog. Hafeninnentäter, entwickelt. Sehen Sie in der Hafensicherheit Handlungsbedarf auf EU-Ebene, z.B. durch die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen für Zollkontrollausrüstung?

CDU/CSU: Siehe Antwort zu Wahlprüfstein Nr. 2.

SPD: Nicht nur bei Seehäfen und Rauschgiftkriminialität gibt es Handlungsbedarf. Auch die explosionsartige Zunahme von Paketeinfuhren an individuellen Punkten und die allgemeinen Probleme mit der Einfuhr nicht-konformer Waren ist ein Problem. Um dieses zu bekämpfen, unterstützt das Europäische Zollprogramm die Mitgliedstaaten bei Projekten, die auch die Digitalisierung und den Einsatz von künstlicher Intelligenz vorantreiben.

Bündnis 90/Die Grünen: Die europäischen Seehäfen haben eine große Bedeutung für den illegalen Handel mit Drogen, wie zum Beispiel die enormen Sicherstellungen von Kokain in den vergangenen Jahren zeigen. Eine gute personelle und technische Ausstattung der Zollbehörden ist unabdingbar, um wirksame Kontrollen durchführen zu können. Hier besteht aus unserer Sicht Verbesserungsbedarf. Darüber hinaus ist eine intensive internationale Zusammenarbeit von Zoll- und Polizeibehörden notwendig, um den Drogenhandel einzudämmen.

FDP: Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass Organisierte Kriminalität nachhaltig bekämpft wird. Gerade der Handel mit Rauschgift stellt ein wesentliches Betätigungsfeld der Organisierten Kriminalität dar. Es ist von besonderer Bedeutung, die Einfuhr von Drogen in die EU zu unterbinden, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen und kriminellen Strukturen Einnahmequellen zu entziehen. Dem Zoll kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Wir Freie Demokraten setzen uns deshalb für gestärkte Zollbehörden ein, damit diese die Warenströme in die EU besser überwachen können. Gleichzeitig gilt aber auch: In einer EU der offenen Binnengrenzen reicht es nicht, wenn wir nur national denken. Deshalb müssen auch auf europäischer Ebene konsequente Maßnahmen gegen den organisierten Rauschgiftschmuggel ergriffen werden. 

7. Die europäische Anti-Geldwäschebehörde AMLA wird parallel zur neuen deutschen Behörde BBF errichtet. Welche Schritte halten Sie für erforderlich damit nationale Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung sinnvoll ergänzt werden und die neuen Behörden in der Praxis nicht aneinander vorbei arbeiten? 

CDU/CSU: CDU und CSU sprechen sich dafür aus, die bisher über Polizei- und Zollbehörden zerstreuten polizeilichen Kontroll-, Fahndungs- und Ermittlungsdienste im Bereich der Finanzkriminalität, des Schmuggels und der Sanktionsdurchsetzung zu einer geschlossenen und schlagkräftigen Zollpolizei im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen zu bündeln. Die Schaffung einer neuen Struktur mit dem BBF an der Spitze sehen wir kritisch. Die AMLA soll die Bedrohungslage analysieren, die nationalen Aufsichtsbehörden koordinieren und die direkte Aufsicht über einzelne Finanzinstitute übernehmen. Wichtig ist, dass es keine Doppelarbeiten von BBF und AMLA gibt. Es dürfen zudem keine unumkehrbaren Entscheidungen getroffen werden, die die Integration der FIU und des BBF in das europäische Aufsichtssystem erschweren könnten. Hierbei ist insbesondere die Ermächtigung der AMLA, Standards für die Berichterstattung und den Informationsaustausch zwischen den nationalen FIUs zu erlassen, zu bedenken.

SPD: Die europäische Anti-Geldwäschebehörde soll die Tätigkeiten von nationalen Behörden nicht ersetzen, sondern dient der besseren und effizienteren Zusammenarbeit und Kontrolle. Sie ist das Zentrum des neuen europäischen Rahmens zur Geldwäschebekämpfung, zu dem auch nationale Behörden wie die BBF zählen. Die AMLA soll gewährleisten, dass nationale Geldwäschebehörden ihr Mandat zur Überwachung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ordnungsgemäß ausführen und die europäischen Regeln zur Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung korrekt anwenden.

Bündnis 90/Die Grünen: Wir sind froh, dass Anfang des Jahres die Entscheidung für eine europäische Anti-Geldwäsche-Behörde gefallen ist. Sie wird die zentrale Koordinierung zwischen den verschiedenen nationalen und europäischen Behörden (FIUs und Aufsichtsbehörden, wie die EBA und EIOPA, aber auch Europol) übernehmen, um die Bekämpfung von Geldwäsche effektiver zu machen. Für die neue deutsche BBF ist ein enger, direkter Draht in die neue europäische Behörde sinnvoll. Die Ansiedlung in Frankfurt ist hierfür ein Vorteil. Entscheidend ist, dass es zu einem Austausch auf Augenhöhe kommt, die Kompetenzen klar zugeordnet sind und Synergien genutzt werden. Beide Behörden, die BBF und die AMLA, profitieren voneinander und vom Teilen ihrer Ermittlungsergebnisse und sollten im Kampf gegen die Geldwäsche eng zusammenarbeiten.

FDP: Uns ist wichtig, dass AMLA und BBF sich ergänzen, um den Kampf gegen Geldwäsche so effizient und effektiv wie möglich zu machen. Die AMLA soll daher direkte Aufsichtsbefugnisse insbesondere bei Kredit- und Finanzinstituten mit hohem Risiko erhalten. Für den Nichtbankensektor, der den Fokus der Geldwäschesaufsicht des BBF darstellt, wird die AMLA eine unterstützende Rolle ausüben, und kann Empfehlungen abgeben. Im Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz ist vorgesehen, dass die Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht (ZfG) im BBF gegenüber der AMLA den zentralen Ansprechpartner darstellt.

8. Finanzkriminalität umfasst die Nutzung von Kryptowährungen. Auch wird die Sicherstellung von Steuergerechtigkeit durch Tokenisierung von Wirtschaftsgütern schwieriger. Sehen Sie infolge der „Flucht in den digitalen Raum“ Handlungsbedarf bei Befugnissen der Finanz- und Strafverfolgungsbehörden? 

CDU/CSU: Es braucht ein entschiedenes Vorgehen gegen den Missbrauch von Krypto-Werten zur Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Dazu hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in ihrem entsprechenden Bundestagsantrag (Drucksache 20/9730) Vorschläge gemacht. So sollte gesetzlich geregelt werden, dass beim Erwerb von Krypto- Werten und der Durchführung von Krypto-Transaktionen grundsätzlich verstärkte Sorgfaltspflichten nach § 15 des Geldwäschegesetzes anzuwenden sind. Zudem sollte sowohl ein ausdrückliches gesetzliches Verbot in Bezug auf den wechselseitigen Umtausch von Krypto-Werten und Bargeld als auch ein ausdrückliches gesetzliches Verbot in Bezug auf das Anbieten und das Beziehen von Dienstleistungen sogenannter Krypto-Mixer umgesetzt werden. Schließlich sollte eine Registrierungspflicht für selbst gehostete Adressen und ein Verbot der Durchführung von Transaktionen von oder an selbst gehostete Adressen, wenn diese zuvor nicht registriert wurden, gelten sowie analog zum Kontenabrufverfahren nach § 24c des Kreditwesengesetzes ein automatisiertes Abrufverfahren für Krypto-Wallets eingerichtet werden.

SPD: Die Befugnisse von Finanz- und Strafverfolgungsbehörden müssen der neuen digitalen Realität gerecht werden, während wir gleichzeitig die Grundrechte wahren müssen. In der neuen Anti-Geldwäsche-Richtlinie wird klargestellt, dass die Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten auch die Aktivitäten von Crypto-Asset Service Providern beaufsichtigen müssen, damit auch diese die ebenfalls aktualisierten Verpflichtungen der neuen Anti-Geldwäsche-Verordnung einhalten. Dazu gehört u. a. die Verpflichtung, die Identität der Kund*innen zu überprüfen. Auch die neue Anti-Geldwäsche-Agentur bekommt direkte Aufsichtsbefugnisse über Crypto-Asset Service Provider. Daneben haben wir als Sozialdemokrat*innen federführend das sogenannte e-evidence Paket zum Abschluss gebracht, mit dem nationale Strafverfolgungsbehörden bei Ermittlungsverfahren zukünftig, Service Provider in einem anderen Mitgliedstaat direkt zur Herausgabe oder Sicherung von elektronischen Beweismitteln auffordern können.

Bündnis 90/Die Grünen: Die Bekämpfung von Finanzkriminalität und Steuervermeidung ist für die Grünen ein zentrales Anliegen, auch im digitalen Bereich. Wenn es um Kryptowährungen geht, priorisiert unsere Partei Richtlinien, die Transparenz, Rechenschaftspflicht und Compliance fördern. Die Grünen befürworten in erster Linie eine strenge Gesetzgebung und Aufsichtsmechanismen, um Transparenz zu gewährleisten und Steuerhinterziehung zu verhindern. Wir unterstützen auch Steuermeldepflichten für Kryptowährungstransaktionen, einschließlich Kapitalertrags-, Einkommens- und Umsatzsteuern, um sicherzustellen, dass Kryptoinhaber*innen ihren Steuerpflichten nachkommen.

FDP: Mit der Europäischen MiCA-Verordnung wird der Markt transparenter. Die MiCA wird die Fähigkeit der Mitgliedstaaten verbessern, Steuerbetrug und Steuerhinterziehung aufzudecken und zu bekämpfen, indem alle Anbieter von Kryptowerten in der EU – unabhängig von ihrer Größe – dazu verpflichtet werden, Transaktionen von in der EU ansässigen Kunden zu melden. Mit dem Finanzmarktdigitalisierungsgesetz schaffen wir nun die in Deutschland notwendige aufsichtsrechtliche Grundlage. So stehen die Befugnisse der Aufsicht bei Kryptowerten denen bei sonstigen Wertpapieren in nichts nach.

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