Im Interview: „Zöllnerinnen und Zöllner müssen fehlgesteuerte Personalpolitik anderer Behörden ausbaden“
In einem Interview mit den „Stuttgarter Nachrichten“ hat BDZ-Bundesvorsitzender Dieter Dewes kritisiert, dass die Zöllnerinnen und Zöllner im Zuge der Flüchtlingskrise die verfehlte Personalpolitik anderer Behörden „ausbaden“ müssen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Bundespolizei hätten schon in der Vergangenheit kräftig Personal aufbauen müssen. Seit 1. Oktober verstärken 50 Zollbeamtinnen und -beamten das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bei der Bearbeitung von Asylanträgen. Darüber hinaus ist eine befristete Abordnung von 320 Zöllnerinnen und Zöllnern an BAMF und Bundespolizei vorgesehen (wir berichteten). Dewes warnt vor einer Ausnahmeregelung für Flüchtlinge beim Mindestlohn.
Für die Abordnung der 320 Beschäftigten wird die diesjährige Tranche von Nachwuchskräften genutzt, die zur Verstärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit im Hinblick auf die Mindestlohnprüfungen vorgesehen waren. Von den 320 Beschäftigten, die abgeordnet werden, sollen bereits 30 Angehörige des gehobenen Dienstes für eine Abordnung zum BAMF zur Verfügung stehen. 160 weitere an das BAMF sowie 160 Zollvollzugsbedienstete zur Bundespolizei abgeordnet. Die Maßnahme ist auf ein halbes Jahr befristet.
Im Interview benennt Dewes offen die zu erwartenden Probleme: „Klar ist, dass unsere Kolleginnen und Kollegen jetzt die über Jahre hinweg fehlgesteuerte Personalpolitik beim BAMF und bei der Bundespolizei ausbaden müssen.“ Die Mindestlohnkontrollen könnten momentan nicht weiter intensiviert werden, beklagt er.
Dewes: „Dass die Wirtschaftslobbyisten deshalb Jubelmeldungen verbreiten, finde ich unerträglich.“ Er fordert, dass das BAMF und die Bundespolizei ihren Personalnotstand schleunigst selbst regeln. Weitere Sonderregelungen seien für die die Beschäftigten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit nicht zumutbar. Ohne eine wirksame Kontrolle sei das Mindestlohngesetz nichts wert.
Scharf kritisiert der BDZ-Bundesvorsitzende die Absicht des Wirtschaftsflügels der Union zu prüfen, inwiefern Flüchtlinge vom Mindestlohn ausgenommen werden können: „Teile der CDU haben die Absicht erkennen lassen, den Mindestlohn angesichts des zu erwartenden Drucks im Dienstleistungssektor durch gering qualifizierte Flüchtlinge auf den Prüfstand zu nehmen“, so Dewes im Interview.
Sollte dieser Vorschlag umgesetzt werden, Flüchtlinge von der Mindestlohnregelung auszunehmen, droht das Gesetz vollends konterkariert zu werden, so Dewes. Wenn der Mindestlohn für Zuwanderer nicht gilt, sieht er die Gefahr einer Abwärtsspirale bei den Löhnen, die zur Folge hat, dass inländische Arbeitnehmer auf der Strecke bleiben, da diese selbstverständlich nach dem Mindestlohn bezahlt werden müssen.
Die Einschätzung von Dewes wird inzwischen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) geteilt. Ebenfalls im Interview mit den „Stuttgarter Nachrichten“ sprach er sich gegen Ausnahmen für Flüchtlinge beim Mindestlohn aus. Das würde nur zu neuen Verteilungsdebatten führen, so de Maizière, der Debatten nach dem Muster vermeiden will: „Ich, der ich gerade Mindestlohn bekomme, werde jetzt entlassen, damit ein Flüchtling meine Arbeit billiger macht? Das sollten wir lassen.“