BDZ- Seminar „Sicherheit und Gewalt am Arbeitsplatz“ vom 8. bis 10. Oktober 2017

Der BDZ führt jährlich erfolgreich ein Seminar speziell für Frauen durch. Um sich mit der Bedeutung von Sicherheit und Gewalt am Arbeitsplatz auseinanderzusetzen, trafen sich unter der Seminarleitung der Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses Frauen, Gabriela Raddatz, die 15 Teilnehmerinnen des diesjährigen Seminars in Königswinter.

07. November 2017

Bei der Formulierung der Erwartungen an das Seminar wurde deutlich, wie wichtig es Frauen ist, sich besser vor Konflikten und gewalttätigen Auseinandersetzungen schützen zu können. Gewalt am Arbeitsplatz ist für jeden von uns ein Thema, dem wir uns nicht verschließen dürfen. Es wäre sehr leichtsinnig zu denken „mir passiert das nicht“. Bedrohungen, Belästigungen, Beleidigungen oder körperliche Gewalt nehmen seit den letzten Jahren deutlich zu und sind auch für viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst keine Ausnahme mehr. Öfter als Männer werden dabei Frauen Opfer gezielter Übergriffe.

Der Begriff "Gewalt" ist vielschichtig. Er umfasst laut einer Definition der Internationalen Labour Organisation und der Europäischen Union zufolge "jede Handlung, Begebenheit oder von angemessenem Benehmen abweichendes Verhalten, wodurch eine Person im Verlauf oder in direkter Folge ihrer Arbeit schwer beleidigt, bedroht, verletzt oder verwundet wird". Demnach ist zwischen externer Gewalt, verursacht durch Kundschaft oder Publikum, und interner Gewalt, die von der Kollegschaft, Führungskräften oder Teammitgliedern ausgeht, zu unterscheiden.

Der Dozent Herr Robert Stranz erläuterte anfangs die verschiedenen Gefährdungsstufen. Gefährdungsstufe 0: „Normale“ Auseinandersetzungen - wenn Beschäftigte im Publikumsverkehr arbeiten, gibt es immer auch unangenehme Gespräche, die jedoch noch nicht gefährlich sind. Dazu gehören in gereiztem Ton vorgetragene Beschwerden, Konflikte um betriebliche Themen oder unangemessene Ansprachen, die nicht strafrechtlich relevant sind. Gefährdungsstufe 1: Aggression - „unangepasstes Sozialverhalten“. Hinter diesem harmlosen Namen verbergen sich angstmachende Aggressionen wie Belästigung, Duzen und ein unangemessenes Distanzverhalten. Auch hier liegt noch keine strafrechtliche Relevanz vor, jedoch kann der Arbeitgeber Platzverweise und Hausverbote aussprechen. Von Beschäftigten kann hier nicht mehr erwartet werden, dass sie mit der Situation selbst fertig werden. Sie brauchen sowohl die Möglichkeit, sich Unterstützung zu holen als auch bei Bedarf psychologische Betreuung. Dies gilt insbesondere dann, wenn Beschäftigte mit kränkenden, verletzenden und entwürdigenden Beschimpfungen konfrontiert wurden. Da hier oft die Grenze zur Strafwürdigkeit überschritten wird, sind Anzeigen wegen Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung denkbar. Gefährdungsstufe 2: Nötigung und körperliche Gewalt - Die nächste Stufe ist die strafrechtlich relevante körperliche Gewalt, die sich bereits in Handlungen wie Anschreien oder Anspucken äußert. Diese eindeutigen Handlungen haben eine Grauzone, die Nötigung. Dabei wird versucht, durch Androhen von körperlicher Gewalt ein Verhalten der/des Beschäftigten zu erzwingen. Dabei beziehen sich die aggressiven Personen nicht nur auf die Beschäftigten selbst, sondern auch auf Angehörige und Eigentum („Ich weiß, wo du wohnst“ und „Ich kenne dein Auto“). Bei eindeutiger Ankündigung körperlicher Gewalt wird von einer Drohung gesprochen. In diesen Fällen wird die Auseinandersetzung physisch und es besteht die Gefahr, dass sich die Beteiligten verletzen. Beschäftigte haben auf Grund ihrer Einstellungen, Ressourcen und Erfahrungen verschieden hohe Schmerzgrenzen und verarbeiten Vorfälle unterschiedlich. Die einen arbeiten einfach weiter, während der gleiche Vorfall bei anderen zu langfristigen psychischen Beeinträchtigungen führt. Gefährdungsstufe 3: Angriffe mit Waffen - besonders schwerwiegend sind Übergriffe, bei denen die Täter Waffen und Werkzeuge als Hilfsmittel einsetzen. Solche Attacken werden als „gefährliche Körperverletzung“ eingestuft und mit einem höheren Strafmaß belegt.

Grundlage jeglicher Prävention ist zunächst das „Verstehen“ der Ursachen dieser Aggressionen. Die Handlungen erfolgen oftmals aus krimineller Energie, heißer Wut oder kalter, geplanter Aggression und erfordern entsprechend unterschiedliche Präventionsstrategien. Diesen Taten gehen fast ausnahmslos Warnsignale voraus, die erkannt werden müssen und auf die reagiert werden muss. Mit Hilfe von Rollenspielen, interessanten Übungen und Kleingruppenarbeit vermittelte Herr Stranz Wissen und Strategien zum deeskalierenden und gewaltfreien Verhalten in Konflikt- und Bedrohungssituationen. Er konnte dabei auf seine polizeilichen Erfahrungen und psychologische bzw. kommunikationswissenschaftliche Erkenntnisse zurückgreifen. Die Teilnehmerinnen setzten sich mit unterschiedlichen Konfliktmustern, Formen der hilfreichen Kommunikation, gruppendynamischen Vorgängen, Interventionsmethoden, Rollen und Rollenerwartungen wie auch der Achtsamkeit den eigenen Gefühlen gegenüber auseinander. Unter professioneller Anleitung reflektierten die Teilnehmerinnen ihre persönlichen Erfahrungen und Ihr Verhalten in Gefahrensituationen. In praktischen Übungen lernten die Teilnehmerinnen, Situationen sich anbahnender Gewalt zu erkennen und richtig einzuschätzen. Sie wurden in deeskalierenden und sich selbst schützenden Strategien geschult und sind nun in der Lage, mit solchen Situationen selbst fertig zu werden. Sie trainierten durch adäquates Eingreifen direkte Gewalt zu verhindern und gewalttätige Angriffe proaktiv vorzubeugen. Darüber hinaus erhielten die Teilnehmerinnen hilfreiche Tipps, welche rechtlichen Möglichkeiten Betroffene haben und wie sie mit organisatorischen Maßnahmen den Schutz vor Gewalt am Arbeitsplatz erhöhen können. Dazu zählt zum Beispiel, immer nur eine Person im Büro zu empfangen, beim Besuch schwieriger Kundschaft Teammitglieder hinzuzuziehen oder keine Gegenstände auf den Tischen liegen zu lassen, die als "Wurfgeschosse" eingesetzt werden können.

Gabriela Raddatz nutzte zudem die Gelegenheit, Struktur und Arbeit des BDZ und insbesondere die Rolle des Ständigen Ausschusses Frauen im BDZ darzustellen. Sie informierte über Grundzüge gewerkschaftlicher und frauenpolitischer Arbeit. Die Teilnehmerinnen diskutierten anschließend verschiedene Aspekte der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und tauschten sich über die Rahmenbedingungen an ihren Dienststellen aus. Raddatz betonte die zentrale Bedeutung eines gut funktionieren Netzwerkes unter Frauen und lud alle zur aktiven Mitarbeit im BDZ ein.

Am Ende des spannenden Seminars kamen die Teilnehmerinnen zum Ergebnis, dass die Erwartungen an die Tage in Königswinter voll erfüllt wurden. Jetzt heißt es, mit dem Erlernten Veränderungen im eigenen Arbeitsumfeld selbst aktiv herbeizuführen und Wissen an andere Frauen weiter zu geben.

 
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