Runder Tisch: BDZ fordert von der Politik konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von systematischen Sozialleistungsmissbrauch
Bei dem vom BDZ Bezirksverband Nord initiierten Runden Tisch zum Thema „Behördenübergreifendes Vorgehen zum systematischen Sozialleistungsmissbrauch“ am 5. April 2018 in Hamburg haben Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Zoll, Justiz, Bundesagentur und Gewerkschaft ein „konzertiertes Vorgehen“ gegen die Ausbreitung des systematischen Sozialleistungsmissbrauchs gefordert.
Vor dem Hintergrund der grassierenden Schwarzarbeit wurde unter Moderation der stellvertretenden BDZ-Bezirksvorsitzenden Sebastian Harms und Sandro Kappe über Handlungsstrategien im Kampf gegen den Sozialmissbrauch diskutiert. In Hamburg wurde deutlich, dass die Problematik nur in Zusammenarbeit aller Behörden erfolgreich umgesetzt werden kann.
Damit allen (Vollzeit-)Beschäftigten, ein Auskommen ohne Transferleistungen ermöglicht werden kann, wurde von der Politik der Mindestlohn eingeführt.
Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), Bestandteil der Zollverwaltung, ist u.a. für die Kontrolle des Mindestlohns zuständig. In den letzten Jahren wurde durch politische Entscheidungen das Personal der FKS deutlich erhöht, um den Mindestlohn effektiv zu prüfen und die Schwarzarbeit zu bekämpfen - in Hamburg allein von 106 auf 180 Beschäftigte (Soll). Die FKS fokussiert die Arbeit auf die organisierte Schwarzarbeit, um die Hintermänner dingfest zu machen. Dafür ist ein erheblicher Arbeitsaufwand erforderlich, welcher in enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft und der Deutschen Rentenversicherung erfolgt.
Der Sozialmissbrauch breitet sich in Deutschland immer weiter aus. Immer wieder werden Beschäftigte aufgegriffen, welche unter menschenunwürdigen Verhältnissen arbeiten müssen, nicht den Mindestlohn erhalten und keine Abgaben zahlen. Die Politik hat sich das Ziel gesetzt diesen Missständen konsequent zu begegnen.
Nach Grußworten des stellvertretenden Bezirksvorsitzenden, Sebastian Harms, tauschten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über dieses an – Brisanz zunehmende Thema – aus, darunter Frau Kaiser (Justizbehörde), Herr Scholz (BMF, IIIA3), Frau Stockstrom (FKS Hamburg), Herr Burmester (Behörde für Arbeit, Soziales, Familie, Integration Hamburg), Herr Andresen (Deutsche Rentenversicherung Nord), Frau Jabs (Bundesarbeitsagentur), Herr Simon (Generalzolldirektion), der haushaltspolitische Sprecher und Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs (SPD), der Fraktionsvorsitzende der Hamburger Bürgerschaft und Finanzsenator von Hamburg, Herr Dressel (SPD), der Fraktionsvorsitzende der Hamburger Bürgerschaft Herr Tjarks (Bündnis 90/Die Grünen) sowie der stellv. Bundesvorsitzende und Bezirksvorsitzende Christian Beisch
Konsens bestand unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, dass zur Steigerung der Kontrolldichte – im Rahmen eines risikoorientierten Kontrollansatzes – eine Erhöhung des Personaleinsatzes sowohl beim Zoll, wie auch bei der Staatsanwaltschaft und der Deutschen Rentenversicherung Nord bzw. Bund erforderlich ist.
Dazu meinte der SPD-Bundestagsabgeordnete Kahrs: „Bei den Koalitionsverhandlungen wurde sich mit der CDU auf eine Erhöhung der Ausbildungsplätze auf mindestens 2.000 verständigt. Es ist nicht mehr die Frage des ob, sondern wann die Erhöhung kommt.“
Der BDZ präsentierte dem Runden Tisch in Hamburg eine Reihe zentraler Forderungen im Kampf gegen den systematischen Sozialleistungsmissbrauch:
- Ergänzung des § 28f Abs. 1a SGB IV (Beweislast umkehren und damit die Unternehmer anhalten, Ihre Aufträge und deren Abwicklung klarer zu dokumentieren)
- Ausbildungskapazitäten bei der Zollverwaltung von 1.400 auf mindestens 2.500 erhöhen (Vorbild: Bereitschaftspolizei von Bayern: von 700 auf 4.000 pro Jahr und die Bundespolizei), ca. 5.000 unbesetzte Stellen bei der Zollverwaltung
- Fortbildungskapazitäten deutlich ausbauen, um die Fachkompetenz zu stärken => weniger Verfahrensfehler und schnellere Abarbeitung der Fälle,
- Ausstattung verbessern (Dokumentenprüfsysteme, Mobilfunkforensik; Ausstattung an FKS-Standorten etc. => Bearbeitung dauert länger und ist teilweise nicht möglich, der Ausstattungsetat der FKS wurde gesenkt)
- Echtzeitabfrage von Sozialdaten anhand eines scanbaren elektronischen Sozialversicherungsausweises nach dem Schweizer Vorbild, um aufwendige Datenerfassung zu vermeiden und einen zeitnahen Datenabgleich zu ermöglichen
- Attraktivität steigern: Personalbestand (mittler zu gehobener Dienst) von derzeit 2 zu 1 auf 1 zu 2 ändern, um Attraktivität zu steigern (auch mittels Praxisaufstieg)
- Bearbeitungszeiten bei der Deutschen Rentenversicherung Nord bzw. Bund von derzeit im Durchschnitt mehr als ein ¾ Jahr auf höchstens vier Wochen senken, um Verfahren zu beschleunigen, damit Täter schneller zur Rechenschaft gezogen werden können
- Erhöhung der Stellen bei den Staatsanwaltschaften
Sandro Kappe stellte in einem Resümee fest, dass der Dialog fortgesetzt werden müsse. Wenn die Politik nicht zum Zoll komme und den Forderungen Rechnung trage, müsse der Zoll auf die Politik zugehen, wozu der BDZ mit seiner Veranstaltungsreihe einen vielbeachteten Beitrag leiste.