Mitglieder haben das Wort
Gedanken zur BDZ-Forumsveranstaltung am 28. und 29. Oktober 2019 in Berlin
Wie aus einigen Veröffentlichungen schon bekannt sein dürfte, fand vom 28. bis zum 29. Oktober in Berlin eine Forumsveranstaltung des BDZ statt. Doch was bedeutet das nun aber und was haben wir hier vor Ort damit zu tun? Betrifft es uns denn überhaupt, wenn sich „die da oben“ treffen und was bereden?
Solche oder ähnliche Fragen werden sicherlich nicht nur in unserem Bereich gestellt, wobei man in der heutigen Zeit schon froh sein kann, wenn derartige Themen überhaupt noch diskutiert und nicht nur so nebenbei mehr oder weniger zur Kenntnis genommen werden.
Vielen von uns geht es doch relativ gut. Ein krisensicherer Job, pünktlich zum Monatsanfang das Gehalt, welches zumindest für Ostverhältnisse gar nicht so schlecht ist, hohe Sozialstandards usw. ….
Abgesehen von dem einen oder anderen persönlichen Problem oder wenn es auf Arbeit mal hier oder da Unstimmigkeiten gibt, so hat diese Grundzufriedenheit doch dazu geführt, dass viele von uns „bequem und träge“ geworden sind.
Warum sollte man sich da noch mit irgendwelchen zusätzlichen Dingen belasten?
Wofür Gewerkschaftsbeiträge bezahlen oder gar zu Veranstaltungen oder Demos gehen?
Gewerkschaften und Personalräte stehen meist nur dann hoch im Kurs, wenn es den Leuten schlecht geht, es größere Probleme gibt - die dann auch den Einzelnen persönlich treffen, Verschlechterungen eintreten usw..
Hand auf´s Herz - ganz ehrlich, wird so nicht vielerorts gedacht?
Was viele dabei aber vergessen ist die Tatsache, dass all die positiven Sachen nicht vom Himmel gefallen sind, sondern durch die Gewerkschaften und Personalräte erkämpft bzw. eingefordert wurden. Das muss nicht immer nur mit Demos oder gar Streiks (im Tarifbereich) auf der Straße erfolgen, nein, so etwas geht auch im schlichten Dialog mit der Verwaltung.
Da, wo man auf Vorgesetzte trifft, die konstruktive Kritik oder Vorschläge von der Basis nicht als Majestätsbeleidigung oder Missachtung der fachlichen Autorität betrachten, funktioniert es sogar sehr gut.
Genau das ist bei der Forumsveranstaltung in Berlin passiert.
Im Bestreben, gemeinsam nach tragfähigen Lösungen zur künftigen Gestaltung unserer Verwaltung zu suchen, haben sich der BDZ und die Verwaltungsspitze „an einen Tisch gesetzt“.
Hinter dem einfachen Wörtchen BDZ verbargen sich 300 Kolleginnen und Kollegen aus dem gesamten Bundesgebiet, aus allen Teilen unserer Verwaltung. Also nicht „die da oben“, sondern Kolleginnen und Kollegen aus unserer Mitte.
In vier Foren
- „E-Commerce: Auswirkungen und Herausforderungen für den Zoll“
- „Folgen der Personalzuwächse für die Service-Center und das BWZ“
- „Entwicklungen im Bereich der polizeivollzugsdienstlichen Einsatzkräfte“
- „Zusammenspiel zwischen künstlicher Intelligenz und Digitalisierung anhand der IT‑Projekte Profis und IT-AKZ“
wurde am Montag bis in die Abendstunden diskutiert und zusammengetragen, was dann am Dienstag der Verwaltungsspitze vorgetragen wurde.
Für den Außenstehenden mag es vielleicht recht langweilig, theoretisch und vor allem weit weg klingen. Doch ist das wirklich so?
Wird es uns nicht betreffen, wenn demnächst die Freigrenzen im Postverkehr wegfallen und geschätzte 100 Millionen zusätzliche Paketabfertigungen auf uns warten, was sich durch den zunehmenden Internethandel künftig noch steigern wird?
Wer wird die zusätzlichen Belastungen durch den Brexit übernehmen müssen und können?
Wo kommen die über 6.000 neuen Kolleginnen und Kollegen unter, die hinter den zusätzlich bewilligten Planstellen der nächsten Jahre als Menschen stehen; Liegenschaften, Büroflächen….? Wer bildet sie wo aus? Wer bearbeitet ihre Beihilfeanträge, Reisekosten, Fortbildungen…, welche Auswirkungen hat dieser „Rattenschwanz“ dann auf uns alle?
Letztlich ist sogar eine Personalaufstockung von derzeit ca. 39.000 Bediensteten in den nächsten 10 Jahren auf ca. 49.000 Bedienstete geplant.
Die FKS hat durch Gesetzesänderungen gravierende neue Befugnisse und zusätzliche Aufgaben übertragen bekommen. Das dafür zusätzlich bewilligte Personal muss aber erst angeworben und ausgebildet werden, was allein aus logistischen Gründen gar nicht so schnell gehen kann, während die zu erledigenden neuen Aufgaben schon anstehen. Wie soll das funktionieren?
Zigaretten, Tabak, Betäubungsmittel, Waffen, Sprengstoff, innere und äußere Sicherheit usw. sind alles Themen, mit denen sich die Sachgebiete C, der Zollfahndungsdienst, die Strafsachenstellen, Abfertigungsstellen, Vollstreckung … beschäftigen müssen. Auch da geht die Schere vom Erfordernis der Aufgabenerfüllung und dem zur Verfügung stehenden Personal immer weiter auseinander. Technische Ausstattung und vor allem die Kommunikations- und IT-Technik halten da schon lange nicht mehr Schritt. Wobei dies ein Problem nicht nur der Zollverwaltung sein dürfte.
Wer jetzt noch sagen kann, dass er nicht von irgendeinem dieser beispielhaft von mir wiedergegebenen Themen betroffen ist, der lebt auf einer Insel der Glückseligkeit und verkennt die Realität.
Da sowohl die Bundesleitung unserer Gewerkschaft, als auch die Verwaltungsspitze sich darüber einig waren, dass dieses auf die Zollverwaltung zurollende Mammutprojekt nur gemeinsam gestemmt werden kann, hat man diesen Weg des gemeinsamen Dialoges beschritten. Die Tatsache, dass sich der Bundesminister der Finanzen, die Präsidentin der GZD, diverse Direktionspräsidenten und andere wichtige Persönlichkeiten unserer Verwaltung die Zeit dafür genommen haben, spricht doch dafür, dass es ihnen ernst ist und wir die richtigen Ansprechpartner dafür hatten. Sicherlich sind damit nicht alle Sorgen und Probleme vom Tisch, aber nur so kann es funktionieren, die einzelnen Hürden erfolgreich zu überwinden.
Ich hoffe, den Einen oder Anderen von Euch damit etwas neugierig gemacht zu haben, neugierig auf die bevorstehenden Herausforderungen, auf die eigene Zukunft und letztlich auch auf die Gewerkschaftsarbeit.
Ralf Spitzbarth
OV Cottbus