Nachträgliche Minderung der Urlaubsansprüche von Tarifbeschäftigten bei geändertem Beschäftigungsumfang ist nicht mehr zulässig

Das Bundesinnenministerium (BMI) hat mit Rundschreiben vom 22. Januar 2016 Hinweise zur neuen Berechnung der Urlaubsansprüche von Tarifbeschäftigten bei Änderung des Beschäftigungsumfangs bzw. des Beschäftigungsmodells im Laufe des Urlaubsjahres gegeben. Eine Minderung der Anzahl der während einer Vollzeittätigkeit erworbenen Urlaubstage ist nicht mehr zulässig. Das BMI setzt damit die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts um, die sich in Folge der unionsrechtlichen Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs geändert hat.

26. Januar 2016

Nach den tarifvertraglichen Regelungen führt eine von der Fünftagewoche abweichende Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit dazu, dass sich der Urlaubsanspruch entsprechend erhöht oder vermindert.
 
Die bisherige Rechtsprechung ging davon aus, dass sich der Urlaubsanspruch nicht nach den bisher erbrachten Arbeitsleistungen richtet, sondern nach der bei Inanspruchnahme des Urlaubs maßgebenden Arbeitszeitverteilung. Daher sah sie es bislang als zulässig an, dass bei einem Wechsel von einer Vollzeittätigkeit zu einer Beschäftigung in Teilzeit der Vollurlaubsanspruch im Kalenderjahr entsprechend der reduzierten wöchentlichen Arbeitszeit gemindert wird.
 
Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteile vom 22. April 2010 – C-486/08 und vom 13. Juni 2013 – C-415/12) rückte das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 10. Februar 2015 (9 AZR 53/14 (F)) von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Urlaubsumrechnung ab.
 
Es kam zu dem Ergebnis, dass die tariflichen Regelungen wegen Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitkräften teilunwirksam sind, soweit sie eine Minderung der Anzahl der während einer Vollzeittätigkeit erworbenen Urlaubstage vorsehen. Es bestehe weiterhin keine Obliegenheit der Beschäftigten, ihren in Vollzeit erworbenen Urlaubsanspruch vor dem Wechsel des Arbeitszeitmodells in Anspruch zu nehmen.
 
Die Höhe des Urlaubsanspruchs ist nunmehr abschnittsbezogen zu berechnen. Die Zahl der Urlaubstage für den jeweiligen Abschnitt vor und nach dem Änderungsstichtag richtet sich nach der Anzahl der Wochenarbeitstage, die für den jeweiligen Abschnitt vereinbart sind. Der im Zeitraum der Vollbeschäftigung erworbene tarifliche Urlaubsanspruch bleibt erhalten und darf nicht rückwirkend vermindert werden.
 
Die abschnittsbezogene Berechnung der Höhe des Urlaubsanspruchs wirkt sich zugleich auf die Berechnung der Höhe des Urlaubsentgelts aus.
 
Laut den Hinweisen des BMI ist in Fällen der Verminderung der Anzahl der Arbeitstage in der Kalenderwoche die Urlaubsdauer für das Kalenderjahr 2015 von den zuständigen Urlaubsstellen neu festzusetzen. Eine Neufestsetzung von Ansprüchen für davor liegende Kalenderjahre erfolgt nur, soweit diese rechtzeitig schriftlich geltend gemacht wurden und noch nicht aufgrund der dreijährigen Verjährungsfrist verjährt sind. Das gleiche gilt für die Neufestsetzung des Urlaubsgelds. 

   
<br /

Kommentieren Sie diesen Artikel im BDZ-Blog

zurück