Dieter Dewes im Interview zur Situation der Finanzkontrolle Schwarzarbeit

BDZ-Bundesvorsitzender Dieter Dewes hat sich in einem Interview mit dem dbb magazin, das in seiner März-Ausgabe 2016 den Themenschwerpunkt Mindestlohn setzt, zur angespannten personellen Situation der Finanzkontrolle Schwarzarbeit geäußert. Seitdem sich die Einführung des gesetzlichen Mindestlohn abzeichnete, hatte der BDZ den drohenden Personalmangel beklagt, der trotz der Neueinstellung von 1.600 Beschäftigten längst nicht behoben ist. Der Personalaufwuchs wird auf Jahre hinaus noch nicht abgeschlossen sein. Im Zuge der Flüchtlingskrise wird die Situation durch Abordnungen von Nachwuchskräften verschärft, die zur Verstärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit vorgesehen waren, um das Mindestlohngesetz mit seinen Ausnahmen flächendeckend und wirksam überwachen und kontrollieren zu können. Wir veröffentlichen das Interview vorab im Wortlaut.

17. Februar 2016

dbb magazin: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat dem Zoll im Januar 2015 1.600 gesetzlich vorgesehene zusätzliche Stellen versprochen. Trotzdem gibt es immer wieder Begehrlichkeiten, Zollpersonal etwa zur Polizei zu verlagern oder für andere Aufgaben abzustellen. Sind die 1.600 Frauen und Männer mittlerweile da und kontrollieren Sie wie geplant Mindestlohn und Schwarzarbeit?

Dieter Dewes: Die 1.600 neuen Stellen für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit sind vom Haushaltsgesetzgeber nicht zuletzt auf Drängen des BDZ bewilligt worden. Gefordert hatten wir die Einstellung von bis zu 2.500 weiteren Beschäftigten. Denn seit Inkrafttreten der Neuregelungen zum 1. Januar 2015 hat der Zoll rund fünf Millionen Beschäftigungsverhältnisse mehr im Blick als zuvor. Die Bundesregierung hat die Warnungen vor immensen Personalfehlbeständen in diesem Arbeitsbereich viel zu lange ignoriert. Das neue Personal, das zum 1. August 2015 eingestellt wurde, muss zunächst ausgebildet werden. Diese Anwärterinnen und Anwärter stehen also auch für die Kontrolle des Mindestlohns noch gar nicht zur Verfügung. Wir haben von Anfang an verlangt, das Zeitfenster der Ausbildung beim Zoll zu nutzen, um mehr Personal einzustellen.

dbb magazin: Neues Personal muss ausgebildet werden. Das dauert. Hat der Zoll überhaupt genug qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber?

Dieter Dewes: Die ersten Nachwuchskräfte im mittleren Zolldienst können nach zwei Jahren, im gehobenen Zolldienst erst nach drei Jahren in der Finanzkontrolle Schwarzarbeit tätig werden. Erhebt man den Anspruch, dass ab sofort die volle Aufgabenbandbreite ausgefüllt wird, kommt der Zuwachs viel zu spät. Die ursprünglichen Planungen gingen davon aus, jährlich 320 statt bisher 160 Nachwuchskräfte in die Finanzkontrolle Schwarzarbeit zu lenken – also 100 Prozent mehr als bisher. Dieser Vorgang sollte sich solange wiederholen, bis die 1.600 neuen Beschäftigten da sind. Auch dann wäre das Personal erst in rund fünf Jahren komplett gewesen. Mit den Abordnungen in der Flüchtlingskrise sind aber auch diese Zahlen vorerst Makulatur. Der Personalaufwuchs in der Finanzkontrolle Schwarzarbeit ist somit noch lange nicht abgeschlossen.

dbb magazin: Bei der Polizei werden neuerdings Wachpolizisten in drei Monaten „fit“ für den Einsatz gemacht. Gibt es so etwas beim Zoll auch und ist das ein probates Mittel, um in Notzeiten schnell neues Personal einsatzfähig zu machen?

Dieter Dewes: Bedenken Sie, dass sich die Tätigkeit im Arbeitsbereich Finanzkontrolle Schwarzarbeit immer weiter spezialisiert – gerade auch aufgrund weiterer Ausnahmetatbestände, die vom BDZ kritisiert werden. Die Kontrollen werden prüfungs- und zeitintensiver. Angesichts einer immer komplexer werdenden Rechtslage sehen sich die Beschäftigten bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit erheblich steigenden fachlichen Anforderungen gegenüber. Das Rüstzeug für diese hochqualifizierte Arbeit kann nicht in einem „Crash-Kurs“ vermittelt werden. Entsprechende Überlegungen werden auch gar nicht angestellt und würden vom BDZ verworfen. Denn die qualitativ hochwertige Ausbildung der Bundeszollverwaltung ist europaweit anerkannt, auch und gerade im Arbeitsbereich Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Diesen Standard gilt es unbedingt zu halten.

dbb magazin: Wie viele Beamtinnen und Beamte sind mit Aufgaben betraut, die mit der Bewältigung der Flüchtlingssituation zu tun haben? In wie fern leidet das Tagesgeschäft darunter?

Im Zuge der Flüchtlingskrise werden für die Abordnung zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie zur Bundespolizei in der Tat Nachwuchskräfte des Zolls eingesetzt , die ursprünglich zur Verstärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit vorgesehen waren. Seit Oktober 2015 handelt es sich um eine zunächst befristete Abordnung von 320 Arbeitskräften. Zusätzlich zu 50 Zöllnerinnen und Zöllnern, die das BAMF bei der Entscheidung über Asylanträge unterstützen, sind 233 weitere an das BAMF sowie 159 Zollvollzugsbedienstete zur Bundespolizei abgeordnet worden. Wenn in einer solchen Ausnahmesituation ein Arbeitsbereich wie die Finanzkontrolle Schwarzarbeit mit diesem personellen Mehrbedarf herangezogen wird, muss für die Zukunft feststehen, dass – wie vom BDZ gefordert – die Politik zu ihrem Wort steht und die Aufstockung dieses Bereichs im Interesse einer effizienten Kontrolle des Mindestlohns wieder ungehindert fortschreitet. Das ist parteiübergreifend gewollt und wird von uns gewerkschaftlich eingefordert, zumal es sich um einen gesetzlichen Auftrag handelt.

 

 

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