Neues Positionspapier des BDZ

Reform der EU-Zollunion

Im Rahmen der geplanten EU-Zollreform legt der BDZ ein umfassendes Positionspapier vor. Darin behandeln wir die verschiedenen Bereiche der Reformvorschläge der Europäischen Kommission und zeigen auf, welche Folgen für die Zollabfertigung zu erwarten sind. Die Reform wird von uns grundsätzlich positiv begleitet – jedoch kann sie nur gelingen, wenn sie praxistauglich umgesetzt wird.

31. Januar 2025
  • Die Zollreform wird seit 2023 laufend in den Gremien der EU behandelt.

Die Zöllnerinnen und Zöllner in Deutschland wissen: Die immer schnellere Abfertigung in den Zollämtern geht zu Lasten von Kontrollen aller Art - Dokumentenprüfungen, Durchleuchtungen, Warenbeschau. Während von Seiten der bundesdeutschen Politik wenig Impulse zum Umgang mit dem hohen Abfertigungsvolumen ausgehen, gibt die Europäische Union (EU) in ihren Gremien ein hohes Arbeitstempo vor und möchte, so scheint es, Fakten im Zollbereich schaffen. Wie der BDZ bereits ankündigte, befand sich angesichts dieser Entwicklungen ein Positionspapier zur EU-Zollreform in der Abstimmung. Dieses liegt nun vor und kann hier heruntergeladen werden:

BDZ-Positionspapier: Reform der EU-Zollunion – Perspektiven für ein modernes EU-Zollrecht

Hintergründe zur EU-Zollreform, einschließlich der Mitteilung und der Rechtstexte, können ebenfalls auf der offiziellen Internetseite der GD TAXUD eingesehen werden. Im Folgenden geben wir einen Kurzüberblick zu unseren Positionen.

Kein Mehrwert in einer EU-Zollagentur

Die EU-Kommission schlägt die Gründung einer EU-Zollagentur vor und begründet dies u.a. damit, dass die Zollverwaltungen der Mitgliedstaaten die verschiedenen Zollverfahren und -standards uneinheitlich anwenden würden. Dabei sollen die für die Zollagentur vorgesehenen Befugnisse jedoch weit über das für eine Harmonisierung der Rechtsanwendung erforderliche Maß hinausgehen. Die Einrichtung einer solchen Agentur, die mittelbar die Ressourcen der nationalen Zollbehörden steuert, lehnt der BDZ ab. Nationale Besonderheiten sowie die souveräne Entscheidung darüber, wann und wo kontrolliert werden kann und soll, sind auch in Zukunft Grundvoraussetzungen für eine effektive Zollarbeit im Interesse der nationalen Sicherheit. Hinzu kommt, dass viele Aufgaben, die die Zollagentur künftig leisten soll, bereits heute durch die EU-Kommission (bspw. durch die verschiedenen Customs Expert Groups, OLAF etc.) wahrgenommen werden. Diese Instrumente gilt es auszubauen und verbindlicher auszugestalten. Eine zentrale Zollagentur darf zudem nicht zu Lasten der Zollstellen in den Mitgliedstaaten gehen, die die regionale Wirtschaft unterstützen und den direkten Kontakt zu Bürgern/-innen und Wirtschaftsbeteiligten halten. Die Reformpläne der EU-Kommission scheinen diesen Bereich zu vernachlässigen. Für uns ist klar: Der Zoll muss nah an den Menschen bleiben, um effektiv arbeiten zu können.

Digitalisierungspläne bleiben vorerst Theorie

Die Digitalisierung spielt eine zentrale Rolle in der Reform. Wir unterstützen den Einsatz moderner Technologien wie KI-gestützter Risikoanalysen. Jedoch müssen hierfür zunächst grundlegende IT-technische Voraussetzungen vorliegen, von denen wir zurzeit weit entfernt sind. Im geplanten EU Data Hub liegt theoretisch großes Potenzial, die Zollabwicklung zu modernisieren. Durch die einheitliche Datenerfassung und den erleichterten (bis hin zu automatisierten) Austausch zwischen den Mitgliedstaaten würden viele neue Möglichkeiten eröffnet. Jedoch müsste die EU-Kommission Farbe bekennen, was das Data Hub im Einzelnen genau umfassen soll und was dies für die Zukunft der IT-Systeme wie beispielsweise ATLAS bedeutet. Transparenz ist erfahrungsgemäß ein entscheidender Erfolgsfaktor für Digitalisierungsprojekte. Es ist unerlässlich, die Beschäftigten in den Veränderungsprozess einzubinden und sicherzustellen, dass neue Technologien sinnvoll ineinandergreifen und nicht zu einer Überlastung führen.

Auch ein „trust and check trader“ muss überprüft werden

Die geplanten Änderungen im Rahmen der EU-Zollreform betreffen u.a. die Einführung des neuen „trust and check trader“-Status, der den bisherigen AEO (Authorised Economic Operator / Zugelassener Wirtschaftsbeteiligter) ersetzen soll. Ziel ist eine Vereinfachung des Zollabfertigungsprozesses, indem besonders vertrauenswürdige Unternehmen weniger bzw. keine transaktionsbezogenen Zollanmeldungen mehr vornehmen müssen und unter bestimmten Voraussetzungen ihre Waren selbst zum freien Verkehr überlassen können.

Der BDZ sieht in diesem Modell zwar grundsätzlich das Potenzial, den Kontrollaufwand der abfertigenden Zollstellen signifikant zu reduzieren. Jedoch gibt es erhebliche Bedenken, ob alle aktuellen rund 7.000 AEO-Bewilligungsinhaber die neuen Anforderungen erfüllen können. Der BDZ spricht sich dagegen aus, den bisherigen AEO-Status komplett abzuschaffen. Der neue „trust and check“-Status könnte sinnvollerweise als Ergänzung eingeführt werden, sodass in Frage kommende Wirtschaftsbeteiligte sich entsprechend zertifizieren lassen können. Denn eine vollständige Umstellung aller Bewilligungen würde sowohl die Wirtschaft als auch die Zollverwaltung, maßgeblich die Sachgebiete B der Hauptzollämter, mit erheblichem Aufwand belasten. Zudem sollte bedacht werden, dass auch bei einem „trust and check trader“ nachträgliche Kontrollen unerlässlich bleiben, um Missbrauch zu verhindern.

Neue Rechtsbegriffe werden kritisch gesehen

Die Einführung der neuen Rechtsfigur des „deemed importer“ bei Onlineverkäufen sieht der BDZ noch kritischer. Diese soll sicherstellen, dass bei Fernverkäufen aus Drittländern der Wirtschaftsbeteiligte – und nicht der Verbraucher – als Einführer fungiert und damit alle steuerlichen und zollrechtlichen Verpflichtungen übernimmt. Zwar ist der Ansatz nachvollziehbar, dem steigenden Abfertigungsvolumen im E-Commerce mit einem solchen Schritt entgegentreten zu wollen. Jedoch ergeben sich Herausforderungen bei der Durchsetzung. Ob die Zuverlässigkeit der Angaben und die Erfüllung der Formalitäten dadurch gesteigert werden kann, ist noch nicht absehbar. Zunächst scheint das Konstrukt zwar den Endverbraucher zu schützen, erschwert jedoch den Umgang mit den Beteiligten durch den Zoll.

Ebenfalls kann der BDZ die neue Rechtsfigur des „Einführers“ („Importer“) nicht befürworten, die vorsieht, die Verantwortung für fiskalische und nicht-fiskalische Verpflichtungen künftig diesem einem zentralen Einführer zuzuweisen. Der „Einführer“ soll die bisherige Rolle des Zollanmelders ersetzen, wird jedoch anders definiert. Die geplante Neuregelung birgt Abgrenzungsschwierigkeiten in der Praxis. Unklarheit besteht auch angesichts fehlender Informationen der EU-Kommission zum Umfang der Daten, die über einen solchen zentralen Verantwortlichen im geplanten Data Hub vorliegen sollen. Festzuhalten ist, dass die jetzigen Regelungen bereits ausreichend Möglichkeiten bieten, den Zollanmelder in die Pflicht zu nehmen. Ein solches bewährtes Verfahren sollte nicht einfach abgeschafft werden.

E-Commerce wird Herausforderung bleiben

Die Entwicklungen im E-Commerce haben vermutlich wesentlich dazu beigetragen, dass die EU-Kommission das Reformpaket vorgelegt hat. Deshalb sollen in diesem Bereich noch weitere Änderungen erfolgen. Vorgesehen ist, die Zollbefreiung für Sachwerte bis 150 Euro bei Sendungen aus Drittländern abzuschaffen. Dies soll insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen gegenüber günstigen Importen stärken. Wie der BDZ bereits berichtet hatte, halten wir den Aufwand dieser Maßnahme im Verhältnis zum Nutzen für nicht gerechtfertigt. Tatsächlich könnte der jährliche Zuwachs an Einnahmen unter einer Milliarde Euro liegen – ein Betrag, der im Verhältnis zu den übrigen Einnahmen des Zolls kaum ins Gewicht fällt. Zweifelhaft ist zudem, ob die Maßnahme die Preise für Endverbraucher signifikant beeinflussen würde, da viele der importierten Waren ohnehin nur geringfügig belastet sind. Die Maßnahme würde aber einen erheblichen Mehraufwand für die Zollverwaltung bedeuten. Ohne die technische Anpassung von IT-Systemen wie ATLAS kann die Vielzahl zusätzlicher Zollanmeldungen nicht bewältigt werden.

Der BDZ hinterfragt überdies die angedachte Ausweitung des Import One Stop Shop (IOSS)-Verfahrens auf Sendungen über 150 Euro. Solange die bestehenden Schwachstellen im IOSS nicht behoben sind, wie etwa der unzureichende Datenabgleich und die problematische Nachverfolgung von möglichen Abgabenhinterziehungen, erscheint dies wenig sinnvoll. Insgesamt scheinen die vorgeschlagenen Maßnahmen der EU-Kommission sich aufgrund vieler unbeantworteter Fragen jedenfalls nicht ein stimmiges Gesamtkonzept einzufügen.

Eine Reform für die Beschäftigten beim Zoll

Die EU-Zollreform sollte nicht nur die Leistungsfähigkeit und Flexibilität der europäischen Zollunion verbessern, sondern muss auch die Interessen der Zollbeschäftigten berücksichtigen. Dazu gehört, soziale Standards zu sichern, die Arbeitsbelastung fair zu verteilen und die Fachkompetenz der Beschäftigten aktiv einzubinden. Unsere Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass Reformen nur dann erfolgreich sind, wenn sie die Menschen, die sie umsetzen, in den Mittelpunkt stellen.

Wir stehen hinter dem Ziel, die Strukturen der EU und ihres Binnenmarktes an die Herausforderungen der globalisierten Wirtschaft anzupassen. Allerdings muss die Reform mit Bedacht umgesetzt werden und erfordert auch von Seiten der Bundesregierung eine aktive und selbstbewusste Positionierung. Diese ist bislang nicht erfolgt. Der BDZ wird den Reformprozess weiterhin kritisch begleiten und sich dafür einsetzen, dass die deutsche Zollverwaltung in Europa auch in Zukunft stark und handlungsfähig bleibt. Wir befinden uns dazu auch im aktiven Austausch mit Spitzenverbänden der Wirtschaft, worüber wir in Kürze separat berichten werden.

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